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Krank in den USA

In einer repräsentativen Studie aus dem Vorjahr gaben mehr als sechzig Prozent der US-Bürger an, sie seien „frustriert und verärgert“ über den Zustand ihres Gesundheitssystems.

Mehr als vierzig Prozent glauben nicht daran, sich im Falle einer schweren Krankheit auf angemessene Versorgung verlassen zu können, zwei Drittel der Befragten fanden die Gesundheitskosten unerschwinglich.

In den Vereinigten Staaten besteht keine gesetzliche Versicherungspflicht, was unter anderem dazu führt, dass etwa ein Siebtel der Bevölkerung in keiner Krankenkasse Mitglied ist – bei 270 Millionen Amerikanern betrifft das mehr als 44 Millionen Menschen.

Zwar gibt es eine Vielfalt an privaten und auch erschwinglichen Krankenkassen in den USA, potenzielle Kunden werden aber durch ein kompliziertes Tarifsystem abgeschreckt. Unterschieden werden Krankenkassen, die eine freie Arztwahl zulassen, und solche, die den Versicherten an so genannte HMOs (Health Maintenance Organizations) binden.

In diesen HMOs schließen sich Ärzte verschiedener Fachrichtungen zusammen und garantieren der Versicherung Preislimits, was wiederum die Beiträge schrumpfen lässt.

Im Krankheitsfall muss der Patient ein Formular ausfüllen und an die Versicherung zurückschicken. Ist diese mit der Behandlung einverstanden, erfolgt die Zahlung. In vielen Fällen hat der Versicherte einen Eigenbetrag von hundert Dollar zu leisten – der Rest der Behandlungskosten splittet sich meist in einem Achtzig-zu-zwanzig-Verhältnis auf: Der Kunde zahlt zwanzig Prozent der Kosten, die Versicherung übernimmt den Rest.

Für die darüber hinausgehenden Kosten kommt die Versicherung auf. Der durchschnittliche Monatsbeitrag beläuft sich auf etwa zweihundert Dollar, variiert jedoch stark je nach dem Versicherungsmodell.

Wer kein Geld für eine private Krankenkasse hat, muss sich auf die Sozialprogramme verlassen. Medicaid, ein bundesstaatlich organisiertes Krankenversicherungsprogramm mit 36 Millionen Mitgliedern, wendet sich an Arbeitende mit sehr geringem Einkommen. Jedoch: Eltern, die mehr als den Mindeststundenlohn (5,15 US-Dollar) verdienen, fallen schon aus diesem Service heraus.

Für arme US-Bürger ab 65 Jahren und Behinderte gelten die Bestimmungen von Medicare, dem mit 39 Millionen Mitgliedern größten Versicherungsprogramm der USA. Dort Versicherte tragen ihre Arzneimittelkosten selbst, Hospitalaufenthalte und Arztbesuche werden jedoch bis zu einem vorher festgelegten Preislimit bezahlt.

In einer Studie aus dem Jahr 2000 hatten 51 Prozent der Befragten etwa von HMO noch nie etwas gehört. Jetzt will man die Bevölkerung über ihr Gesundheitssystem intensiv aufklären, um die Zahl der Nichtversicherten drastisch zu reduzieren.

Elf Bundesstaaten erweiterten im Zuge der Reformen ihre Krankenversicherungsprogramme für arme Familien, Medicare bietet insbesondere Senioren Hilfe bei der Finanzierung teurer Arzneimittel an. Prompt-Payment-Gesetze halten die Versicherungen zu Sofortzahlungen an. SH

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