Kommentar: Surfbrett-Denken
■ Bonner See-Verkehrspolitik fahrlässig
Da sitzen wir und warten auf die „Exxon Valdez“. Täglich schippern die Tanker voller Öl und mit schlecht ausgebildeten Seeleuten durch die deutsche Bucht. Wenn dann einer mal ausläuft, werden es wieder „unvorhergesehene“ Umstände sein, wie zum Beispiel dieser: Kein geeignetes Schiff zum Schleppen weit und breit. Aber wenn ein Gutachten vorher warnt, werden die Hinweise „anders bewertet.“ Augen zu, Kopf in den Sand und durch.
Die unterschiedlichen Interessen sind klar: Die Reederei will, daß Bonn ihr den Betrieb ihres Schiffes bezahlt. Das Verkehrsministerium hat keine 10 Millionen zu verschenken. Dazwischen steht die DASA, die mit einer Deutlichkeit das Problem benennt, die von einem Gutachter, der auf Folgeaufträge hofft, eigentlich nicht zu erwarten ist. Ihre Aussage wiegt umso schwerer: Ab Windstärke 6 „kein ausreichender Schutz für havarierte Tanker“.
Vielleicht sollten die zuständigen Bonner Beamten einen Schnellkurs in norddeutscher Meteorologie machen. Denn diese Windstärke ist in Herbst und Winter fast alltäglich. Und bei eben diesem Wetter und nicht bei ruhiger See verunglücken Schiffe. Mit einer Übung im Mai bei schönstem Badewetter die Einsatzbereitschaft der vorhandenen Schlepper beweisen zu wollen, ist fahrlässig. Wer sich so mit der Sicherheit auf See beschäftigt, könnte eigentlich gleich Rettungsboote durch Surfbretter ersetzen. Bernhard Pötter
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