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■ KommentarVerkohlt, aber wen?

So hanseatisch zurückhaltend wie Bürgermeister Henning Voscherau an den Bundeskanzler seinen Appell heranträgt, er möge doch bittebitte die Städte nicht weiter finanziell ruinieren, könnte man fast glauben, Kohl sei in der SPD. Wenn Voscherau seine apokalyptische Warnung vor den Folgen der kommunalen Finanzmisere – „Es geht um unsere Demokratie“ – ernst meint, wird er mit einer höflichen Anfrage nicht weit kommen.

Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, daß es sich für einen Voscherau, der viel auf Anstand, Sitte und Etikette hält, nicht gehört, einem höherstehenden Politiker vors Schienbein zu treten. Doch das allein kann keine Erklärung dafür sein, so zart an die Bonner Türen zu klopfen.

Denn obwohl unser aller Bürgermeister unermüdlich betont, alle Großstädte stünden vor dem gleichen Haushaltsloch, hat er sich doch nicht einen einzigen Verbündeten gesucht. Die Hamburger Stadtstaat-Arroganz, als Bundesland nicht mit gewöhnlichen Städten an einem Strang ziehen zu wollen, ist zwar nicht neu, aber trotzdem wunderlich: Allein gegen den Bund bleibt Voscherau die zarteste Versuchung, der der Kanzler je widerstanden hat.

Außer der Mann will etwas ganz anderes: Mit seinen Analysen glänzen und sich überregional als Finanz-As profilieren. Zielrichtung wäre dann die Bundes-SPD, die den durchblickenden Hamburger doch bitte endlich in seiner ganzen Pracht und Weisheit zur Kenntnis nehmen soll. Für die Zeit nach Kohl, so die denn komme. Silke Mertins

Bericht siehe unten

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