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Kommentar Stellenabbau bei der WAZDie Rendite stirbt zuletzt

Kommentar von Steffen Grimberg

Deutschlands drittgrößtes Zeitungshaus steht keineswegs mit dem Rücken zur Wand. Die Entlassungen und Umstrukturierungen sollen nur die gewohnte zweistellige Rendite sichern.

D ie Bemühungen der Medienkonzerne, die Finanzkrise zu größtmöglicher interner Flurbereinigung zu nutzen, treibt bizarre Blüten: Die zur WAZ-Mediengruppe gehörende Westfälische Rundschau hat nun einen Chefredakteur, der Anfang der Woche noch dem Betriebsrat vorsaß und Bundesvorsitzender der Journalistengewerkschaft DJU ist.

Bild: taz

Steffen Grimberg ist Medienredakteur der taz.

Dieser Coup hat für den Zeitungskonzern nicht zuletzt den Vorteil, dass es nun - neben den bereits verkündeten Hiobsbotschaften - noch ein anderes Thema gibt, an dem sich die MitarbeiterInnen abarbeiten können. Gestern hatten sie offiziell erfahren, wie viele von ihnen gehen dürfen, um die längst durchgesickerten 30 Millionen Euro einzusparen.

Bei den vier WAZ-Blättern in Nordrhein-Westfalen soll mehr als ein Drittel der Stellen abgebaut werden. Ziel ist es, den Konzern langfristig auf Kurs zu bringen - übersetzt heißt das: den Eigentümerfamilien die gewohnten zweistelligen Renditen zu sichern. Denn auch wenn die WAZ-Geschäftsführung in den letzten Jahren schlecht gewirtschaftet hat: Es kann keine Rede davon sein, dass Deutschlands drittgrößtes Zeitungshaus mit dem Rücken zur Wand steht.

Dennoch sollen nun in großem Stil Lokalredaktionen geschlossen oder zusammengelegt werden. Die meisten überregionalen Seiten aller vier Titel werden künftig von einem zentralen Newsdesk unter Führung von WAZ-Chefredakteur Uli Reitz kommen. Damit wird die Autonomie der bislang redaktionell voneinander weitgehend unabhängigen Titel weiter ausgehöhlt. Für die Pressevielfalt, als deren Gralshüter im Ruhrgebiet die WAZ-Gruppe bisher stets auftrat, ist das ein herber Schlag. Und wenn die Gerüchte stimmen, dass die übrig bleibenden Seiten und Lokalteile trotz aller Zusammenlegung nicht etwa mehr ausgeben dürfen, um besseren Journalismus zu machen - sondern die Produktionskosten pro Seite sogar noch sinken sollen, ist auch das letzte Argument der Verlagsleitung vom Tisch: Denn so lässt sich die Qualität der Blätter garantiert nicht steigern.

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