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Kommentar Obamas "running mate"Sieger mit Vernunft

Kommentar von Adrienne Woltersdorf

Obama hat mit der Wahl Bidens die Jungen und Frauen seiner Partei vor den Kopf gestoßen. Doch seine Wahl war nötig, um McCain den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Bild: taz

Adrienne Woltersdorf ist USA-Korrespondentin der taz in Washington.

Change - das war gestern. Heute geht es nur noch ums Gewinnen. Das ist die Botschaft, die sich aus Barack Obamas Wahl des Vizes herauslesen lässt, ist Joe Biden doch ein Mann des Washingtoner Establishments. Mit dessen Ernennung zum running mate hat sich Obama von der Idee des Neuanfangs verabschiedet. Dass das vor allem bei seinen jüngeren Fans, also jenen, denen er seinen bisherigen Wahlerfolg verdankt, nicht gut ankommt, ist Obama klar. Daher sagt er nun leicht verschwurbelt, Joe Biden habe zwar 35 Jahre lang den US-Kongress verändert, sei von diesem selbst aber nicht verändert worden.

Düpiert fühlen sich zu Recht auch die US-Demokratinnen. Es ist Obama zwar nicht zu verdenken, dass er seine erbitterte Gegnerin Hillary Clinton nicht ernstlich für den Vizeposten in Betracht gezogen hat. Aber dass er mit seinem Männerticket die Frauen, die sich schon im Weißen Haus sahen, ganz außen vor lässt, hat die Ladys mit ihm eher nicht versöhnt.

Doch trotz alledem: Obamas Wahl ist vernünftig. Mit der Wahl Joe Bidens - dessen Macht als Vize eher symbolischer Natur ist - nimmt Obama seinen Kritikern aus dem republikanischen Lager den Wind aus den Segeln und verleiht seiner Kandidatur die Seriosität, die seine Gegner ihm absprechen. Ihr wichtigstes Argument gegen den Jungsenator ist seine Unerfahrenheit, vor allem in sicherheitspolitischen Fragen. Da kommt Bidens Reputation als vernünftiger Außenpolitiker und Vorsitzender des Auswärtigen Senatsausschusses gerade recht. Den letzten Anstoß zu seiner Nominierung hat im Obama-Lager womöglich die Krise in Georgien gegeben. Hier blieb der demokratische Hoffnungsträger nämlich erschreckend blass, was sein Gegenspieler, der Republikaner John McCain, säbelrasselnd zu einer erheblichen Verbesserung seines Images - und seiner Umfragewerte - nutzen konnte.

Mit Biden, so hofft Obama nun, kann in der großen, weiten Welt bis zum 4. November kommen, was will. Sein Vize wird schon das Richtige dazu sagen. Schließlich, und darauf kann Barack Obama wetten, geht es allen Demokraten zusammen, egal ob Fundis oder Realos, zunächst nur um eines: den Einzug ins Weiße Haus.

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2 Kommentare

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  • A
    anke

    Man hätte es ja mal versuchen können...

     

    Sieht aus, als würde es Obama und seinem (dem Vernehmen nach ebenfalls recht jugendlichen Lieblings-)Berater einfach an Selbstvertrauen fehlen. Oder am Glauben an das Land USA, genauer gesagt am Glauben an die Mobilisierberkeit der Mehrheit aller US-Amerikaner im Sinne ihrer allenthalben besungenen Ideale. Oder fehlt ihnen vielleicht doch nur der Glaueb an den eigenen Slogan?

     

    Als Außenstehender könnte man jetzt sagen: 'Der Kerl muss es ja wissen!' Schließlich: Wer, wenn nicht ihr Präsidentschaftsanwärter, sollte die Herzen der Millionen US-Amerikaner kennen? Als Außenstehender aber darf man durchaus auch traurig sein über die (leider nur all zu vernünftig scheinende) Entwicklung in den USA. Und man darf sich fragen: Was wäre, wenn Obama sich irren würde? Was wäre, wenn sein Volk nicht halb so konservativ wäre, wie er vermutet? Dann hätte er in seiner Fokusierung auf den konservativen Gegner die Chance, die man ihm so überraschend eingeräumt hat, verspielt.

     

    Nein, die Wähler der Republikaner werden ihm ganz gewiss nicht zum Sieg verhelfen. So oder so - man kann es nicht jedem recht machen. Und die anderen? Die ziehen sich womöglich angesichts eines doch ein klein wenig verzagt wirkenden Wende-Predigers nun wieder in ihr Schmolleckchen zurück. Wenn das mal gut geht!

     

    Na, man wird sehen. Immerhin kann man es ja als Ausdruck seiner Vernunft bewerten, wenn sich der Kandidat nicht schon vor seiner Wahl jede Menge Todfeinde schaffen mag. Sagt man nicht immer, aus der Geschichte müsse der kluge Mann lernen? Ein lebendiger zweiter Sieger, nicht wahr, ist immer noch besser als ein toter Held. Tote nämlich können nicht lernen. Ganz egal, wie klug sie zu Lebzeiten waren.

  • V
    vic

    Nur mit seiner bisherigen Botschaft wird er nicht Präsident. USA funktioniert eben so...

    Bidens Antrittsrede war ja so schlecht erst mal nicht.

    Also wenn´s vollbracht ist wird man sehen. Bei McCain ist der Kurs schon vorher klar, und dieser Kurs ist sicher nicht das was die Welt derzeit braucht.