Kommentar Krippenausbau: Eine familienpolitische Revolution
Die Große Koalition hat sich beim Betreuungsgeld und auf den Krippenausbau geeinigt. Endlich. Aus dem Beschluss folgt außerdem eine Qualitätsdebatte.
Die Schlagzeilen über die Einigung beim Betreuungsgeld sind schön, aber wichtiger ist eine andere Botschaft: Der Kitaausbau ist besiegelt. Nur der Streit um das Betreuungsgeld verzögerte noch die Fixierung eines Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr, der nun ab 2013 gelten wird. Über Ausgestaltung und Höhe des Betreuungsgeldes wird nun erst 2013 entschieden - wahrscheinlich nach Haushaltslage.
Aber die eigentliche Revolution ist: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik (West) bietet die Bundesregierung den Familien tatkräftige Unterstützung bei der Betreuung ihrer Kinder an. Das bedeutet im Idealfall, dass sich die jungen Eltern im Westen des Landes in Zukunft in Ruhe überlegen können, ob, wie und wie lange sie ihr Kind betreuen lassen, um selbst mal etwas anderes zu tun.
Wenn es mehr Angebote gibt, werden die fragilen Bastelkonstruktionen aus Eltern, Oma, Kinderfrau, Kusine und Nachbarin, mit denen junge Eltern hantieren, um einen stabilen Faktor ergänzt: eine feste Zeit, in der man das Kind ohne lange Absprachen versorgt weiß. Die berühmte bange Frage, wie viel Krippe das Kleine denn nun verträgt, können Eltern dann hoffentlich selbst austesten und selbst beantworten, anstatt weiter nur den Ideologen beider Seiten hilflos zuzuhören. Wer meint, sein Kind nähme in einer (oder einer bestimmten) Kita Schaden, ist ja mit dem Rechtsanspruch nicht gezwungen, das Kind "wegzugeben", wie es immer so schön heißt.
Zum Glück folgt aus dieser Offerte auch eine Qualitätsdebatte. Die Eltern werden nun genau hinsehen - unqualifizierte Tagesmütter, Kita-Erzieherinnen, die für Kleinkinder gar nicht ausgebildet sind, zu große Gruppen: Mit so einem Kitaausbau ist den Familien nicht geholfen. Dorthin werden nur Eltern ihre Kinder geben, die es müssen: Schlechte Krippen für arme Kinder - damit wäre jeglicher Bildungsplan ad absurdum geführt. Bei der Quantität hat die Regierung nun vorgelegt, bei der Qualität muss sie ihre Willen erst noch beweisen.
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