Kommentar EU-Wahlen: Provokation aus Den Haag
Trotz Warnungen der EU-Kommission hat die Niederlande ihre EU-Wahlergebnisse vorzeitig veröffentlicht. Das zeigt, die EU wird dort nicht ernst genommen.
K eine holländische Regierung käme auf die Idee, die Wahlergebnisse aus einer Region zu veröffentlichen, bevor das letzte Wahllokal im Land geschlossen hat. Für die Europawahl gelten die gleichen Spielregeln. Die Niederlande haben die entsprechende EU-Vereinbarung 1976 mit unterzeichnet. Dass sie sich gestern trotz scharfer Warnungen der EU-Kommission darüber hinwegsetzten, zeugt davon, dass die holländische Regierung das Europäische Parlament nicht für voll nimmt.
Dass ebendiese Regierung von den Wählern einen Denkzettel bekam und nur noch 20 Prozent der Stimmen errang, ist ein schwacher Trost. Denn 17 Prozent der Niederländer votierten für die ausländerfeindliche rechtspopulistische PVV von Geert Wilders. Sie wird wohl vier der 25 niederländischen Mandate im Europaparlament erhalten und damit den rechtsnationalen Flügel im EP weiter stärken. In einigen osteuropäischen Ländern und in Großbritannien können sich die Ultrarechten ebenfalls gute Chancen ausrechnen.
Trends können den Ausgang einer Wahl beeinflussen. Deshalb gilt in den meisten EU-Ländern schon in den Tagen vor einer Abstimmung und am Wahltag Nachrichtensperre für Umfrageergebnisse und Hochrechnungen. Wenn die Europawahl nicht zur Farce werden soll, müssen diese Regeln auch auf europäischer Ebene eingehalten werden. Schließlich sind die Wähler der einzelnen Mitgliedstaaten in diesem Fall Teil eines gemeinsamen Wahlvolks.
Die EU-Kommission hat angekündigt, den Fall zu prüfen. Hoffentlich wird sie es nicht dabei bewenden lassen und ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Endgültig vom Tisch ist das Problem aber erst, wenn sich die Mitgliedstaaten endlich auf einen gemeinsamen Wahltag verständigen und einen Teil der Abgeordneten auf europaweiten Listen wählen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links