: Kieler Gericht verurteilt Skins zu Haftstrafen und Arbeitsauflagen
Zwei Kieler Skinheads, die im Februar einem Afrikaner angegriffen und einen Busfahrer niedergestochen hatten, sind vom Kieler Landgericht zu Jugend- und Haftstrafen verurteilt worden. Gegen den 20jährigen Anführer der Bande verhängte die zuständige Jugendstrafkammer gestern drei Jahre und neun Monate Jugendhaft. Der vorbestrafte Kieler hatte dem Busfahrer schwere Schnittverletzungen zugefügt, nachdem dieser den attackierten sudanesischen Studenten in Schutz genommen hatte. Eine Woche nach dem Zwischenfall in dem Bus hatte der Neonazi bei einer Schlägerei zugestochen und einen Mann lebensbedrohlich verletzt.
Zu 16 Monaten Haft verurteilte das Gericht einen 24jährigen Komplizen des Hauptangeklagten. Der gelernte Asphaltbauer war an der Schlägerei mit Kielern – die von den Angeklagten irrtümlich für Türken gehalten wurden – ebenfalls beteiligt. Das Gericht erkannte bei ihm neben zweifacher gefährlicher Körperverletzung auf Volksverhetzung und das Tragen von „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“.
Ein dritter Skin wurde von dem Gericht wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Beleidigung verurteilt. Der 18jährige hatte vor dem Zwischenfall in dem Bus den Sudanesen mit den Worten angepöbelt: „Afrikaner, wir hassen Dich“. Bei ihm gelangte das Gericht nur zu einer „Schuldfeststellung“ und erlegte ihm 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit auf. Der 18jährige hatte sich im Gegensatz zu den anderen Angeklagten bei der Vernehmung weitgehend kooperativ und geständig gezeigt. Für ihn sei die Strafe ein „guter Denkzettel“, so der Vorsitzende Richter.
Den Tatbestand der Volksverhetzung bei allen Angeklagten begründete das Gericht unter anderem damit, daß sowohl der 20jährige als auch der 24jährige Aufkleber mit Hakenkreuzen und der Parole „Juden sind unser Unglück“ verbreitet hatten. Beim Überfall auf eine Hochzeitsgesellschaft, deren Gäste von den Männern irrtümlich für Türken gehalten worden waren, sollen beide zudem mehrfach „Ausländer raus“ gerufen haben.
Dem ursprünglich von der Staatsanwaltschaft gegen den 20jährigen erhobenen Vorwurf des versuchten Totschlags folgte das Gericht nicht. Es sei keine Tötungsabsicht erkennbar gewesen, so der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. dpa
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