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Kaschmirs Rebellen töten erste europäische Geisel

■ Ermordung der vier anderen Geiseln innerhalb von zwei Tagen angedroht / Indiens Regierung gibt sich hart und beschuldigt Pakistan / Krisenstab in Bonn

Srinagar (AP/AFP/rtr) – Knapp sechs Wochen nach der Entführung von fünf weißen Urlaubern haben kaschmirische Separatisten den Norweger Hans Christian Ostro enthauptet und mit der Ermordung der übrigen Gefangenen gedroht. Wie die Polizei gestern mitteilte, wurde die kopflose Leiche des 27jährigen aus Oslo in dem Dorf Seer im indischen Unionsstaat Jammu-Kaschmir gefunden.

Die militante Gruppe Al Faran, die Ostro, Hasert, zwei Briten und einen Amerikaner zwischen dem 4. und 8. Juli kidnappte, drohte die Ermordung der vier verbliebenen Geiseln an, sollten nicht binnen zwei Tagen wie gefordert 15 ihrer Gesinnungsgenossen aus der Haft entlassen werden. Bei der Leiche des Norwegers wurde laut Polizeiangaben ein Zettel mit den Worten gefunden: „Wir haben die Geisel getötet, weil die Regierung unseren Forderungen nicht nachgekommen ist. Falls unsere Forderungen nicht erfüllt werden, werden die anderen Geiseln in 48 Stunden dasselbe Schicksal erleiden.“

Sowohl die Regierung Indiens wie auch die wichtigste für die Unabhängigkeit Kaschmirs von Indien eintretende Partei, die Befreiungsfront von Jammu und Kaschmir (JKLF), verurteilten den Mord. Der indische Gouverneur von Kaschmir, Krishna Rao, weigerte sich in einem gestern ausgestrahlten Fernsehinterview, auf die Forderungen der Rebellen einzugehen. Die Häftlinge, die die Geiselnehmer freipressen wollten, seien „skrupellose Gewalttäter“. Sollten sie entlassen werden, „werden sie neuen Ärger machen, mehr Menschen töten und mehr Menschen entführen“, sagte Rao. Indiens Sicherheitsminister Rajesh Pilot beschuldigte Pakistan, indirekt die Entführergruppe zu unterstützen.

Eine Sprecherin des Bonner Auswärtigen Amts erklärte, nach der äußerst besorgniserregenden Verschlechterung der Situation werde alles versucht, um eine Freilassung der überlebenden Geiseln zu erreichen. Zuletzt war am 5. August ein Tonband veröffentlicht worden, auf dem die Entführer den Gesundheitszustand dreier Geiseln als kritisch bezeichneten. Diesen Angaben zufolge ist Hasert krank, der Amerikaner hat eine Schußverletzung und ein Brite ein gebrochenes Bein. Dem Tonband beigefügte Fotos zeigten den Briten und den Amerikaner in blutigen Verbänden auf dem Boden einer Hütte liegend.

Al Faran – eine Vereinigung moslemischer Separatisten, die gewaltsam für die Unabhängigkeit Kaschmirs von Indien kämpfen – hatte zunächst die Freilassung von 21 Gesinnungsgenossen aus indischen Gefängnissen gefordert. Nachdem die Gruppe mehrere Ultimaten an die indische Regierung verstreichen ließ, verlangte sie nur noch Freiheit für 15 ihrer inhaftierten Kämpfer.

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