KURZKRITIK: „NACHTFAHRT“ BEIM FESTIVAL „GOLDENE HOCHZEIT“ : Geschichten an Whisky
Eine Stimme vom Tonband fragt, ob man bereit sei für diese Fahrt, aber es scheint, als würde der Chauffeur, der da am Steuer des schwarzen Cadillacs sitzt, ohnehin losfahren. Das tut er dann auch, man gleitet durch die Nacht, vor sich eine Flasche Whisky. Und das Erzählen beginnt. Man hört Gespräche, die das Künstlerkollektiv Kriwomasow mit HamburgerInnen geführt hat, die Wurzeln in der Türkei haben.
Es fängt harmlos an: mit Geschichten, die man so ähnlich schon einmal gehört hat, von der Vorstellung, nur für eine Weile hier zu bleiben. Man sieht die nächtliche Reeperbahn, während ein junger Mann erzählt, wie er versucht, den Prostituierten auszuweichen. Eine Frau lacht über das Pokerface ihrer Mutter, ein Kind will nicht älter als zehn werden.
Dann mischen sich Musik und andere Geschichten zwischen die heiteren: der Mann, der nicht mehr sagt, dass er Deutscher ist, weil die Leute ihn weiter nach seiner eigentlichen Herkunft fragen; die Frau, die ihrem Mann entgegenruft, dass sie nicht sein Hund sei; die Tochter, die erzählt, wie der Leichnam ihres Vaters in die Türkei überführt wird.
Es endet mit dem Tod und vielleicht war es ja Charon, der Fährmann, der zu den Toten übersetzt, der einen zu Beginn gefragt hat. Charon, denkt man, sollte nicht vom Band kommen. Aber die Reise lohnt, es ist gut, als Reisender von anderen Reisenden zu hören. Es ist gut, Orte dazu zu sehen. Und: der Whisky ist ganz erstaunlich. GRÄ
weitere Termine: heute und morgen sowie 28. und 29. 10. , jeweils 20, 21.15, 22.30 und 23.45 Uhr, ab Thalia in der Gaußstraße. Karten nur im Vorverkauf über das Theater