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Archiv-Artikel

KUNSTRUNDGANG Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Wir alle kennen die hübschen grünen Netze, die zu Sanierungszwecken eingerüstete Häuser verhängen. Die neueste Variante dieser Arbeitsschutzmaßnahme ist nun am Haus am Waldsee zu bestaunen. Auch hier wird derzeit umgebaut, weswegen die Kunst in den Park wanderte. Nach Simon Faithfull, Olav Christopher Jenssen und Peter Ablinger war jetzt Gregor Hildebrandt an der Reihe. Schnöde ließ er den Park Park sein, kletterte auf das Baugerüst, das er lückenlos mit den Magnetbändern von Videokassetten verspannte. Viel anders sind auch seine großformatigen Leinwände nicht zusammenmontiert, nur dass er dafür die bespielten Bänder von Musikkassetten benutzt. Angeblich schillern The Cure auf ihren Metern dunkler als Nick Cave auf den seinen. Auch die Videobänder sind mit rund 100 Filmen bespielt, darunter „Vom Winde verweht“. Das ist hübsch, denn auch die Installation beginnt schon beim leisesten Windhauch zu rascheln und glamourös zu flirren, weil sie das Licht zentimeterbreit spiegelt und bricht. Bei Private/Corporate V in der Daimler Kunstsammlung fällt mir dann ein: auch die neuesten Carrés von Hermès sind schon bespieltes Material. Ihr Muster lieferte Josef Albers Werkgruppe „Homage to the Square“, aus der Daimler acht Aluminium-Lithographien präsentiert. Wie die Magnetbänder sind auch die Seidentücher über das hinaus codiert, was sie zeigen. Denn eigentlich schlingt man sich eine Untersuchung zur Farbkombinatorik und ihrer Rezeption um den Hals, die den Bauhaus-Künstler 25 Jahre lang beschäftigte. So geht sie dahin, die Analytik der Kunst, und verflüchtigt sich im Dekorativen, das auch diese Ausstellung prägt, die eigene Werke mit Arbeiten der Sammlung Lafrenz verbindet. Irritierend, die Eleganz mit der Donald Judds Plexiglasboxen mit Liam Gillicks „Alleviated Think Tank“ und dessen Aluminiumleisten harmonieren.

Gregor Hildebrandt, Und im Garten blüht ein Blumenbeet, Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, tägl. 11–18 Uhr, bis 28. September; Private/Corporate V, Daimler Contemporary, Alte Potsdamer Str. 5, tägl. 11–18 Uhr, bis 21. September