KUNSTRUNDGANG : Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um
Geschichtlicher Referentialismus, gepaart mit träumerisch daherkommender Poesie – das scheint momentan Konjunktur zu haben in der Kunst. Etwa in den Arbeiten von Leonor Antunes bei Isabella Bortolozzi: ein kryptisch verschlüsseltes und undurchdringliches Dickicht aus allerlei Bezügen zu südamerikanischer Architekturtheorie, Handelswegen und Migrationskanälen. Das Highlight hier: Im holzvertäfelten Nebenraum der Galerie hat Antunes in einer Vitrine ein kleines, unscheinbares Artefakt ausgestellt – eine eigenhändig eingeschmolzene Goldmünze von 1763, die sie in Rio de Janeiro erstanden hatte. Eingefasst ist das Ganze mit Brasilholz, dem ehemals wertvollsten Tropenholz Brasiliens, dessen Handel inzwischen verboten ist. Was genau hier allerdings passiert, warum sie diese Münze zu einem schimmernden kleinen Klumpen einschmilzt, das bleibt im Dunklen. Denn Antunes’ Ausstellung lebt viel mehr von poetischer Abschottung als von aufklärerischer Belichtung. Ein ähnliches Thema behandelt Paul McDevitt bei Sommer & Kohl. Er beschäftigt sich mit der Geschichte und Kolonisierung Amerikas, der Suche nach den sagenhaften Schätzen von El Dorado. Gefunden wurden dabei jedoch eher Kartoffeln und Tabak. McDevitt setzt das etwa in einer Serie von Bildern um, die sich an die Aquarelle des englischen Malers John White anlehnen, dessen Leben selbst abenteuerlich zwischen den Kontinenten verlief. Seltsamerweise wirken diese Bilder manchmal wie zwischen der Pastell-Palette eines Achtziger-Jahre-Seidenmalkurses und schwülstigen Italo-Disco-Covern verlorengegangen. Als Motive finden sich hier immer wieder – wer hätte es geahnt – die Kartoffel und ornamentale Tabakschwaden. Die Zeiten, als das Gold in der Kunstwelt auf der Straße lag, scheinen endgültig vorbei. Inzwischen muss man schon etwas tiefer graben.