KUNSTRUNDGANG : Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um
Zensur oder Selbstindizierung ist ein spannendes Thema. Was etwa im New Yorker Museum of Modern Art gesammelt wird, muss nicht zwingend in Deutschland gezeigt werden dürfen. Man denke nur an „Night of the living dead“ (1968) und „Day of the Dead“ (1985) von George A. Romero. In manchen Fällen heilt die Zeit aber die Wunden, die etwa Gesellschaftskritik in die Herzen der Oberen reißt. Oder es sind einfach andere am Zug. Gut nachvollziehen lässt sich das bei „Klipzensored“ bei General Public. Hier erfährt man von Rohrmenschen, die im ungarischen Untergrund Beatmusik machten, oder von Rasenden Leichenbeschauern, die keine offizielle Spielerlaubnis bekamen, ihren Platz aber im Bela-Balazs-Studio fanden, um offiziell Videokunst zu produzieren. Selbstverständlich sind ihre Werke heute auch in Ungarn zugänglich. Ob Cornelia Schleime in den 70ern in der DDR, die Ärzte in Westdeutschland oder Rammstein im vereinigten Deutschland: die Vielfalt, über die Medien ihr Zepter schwangen und schwingen, ist groß. Ob zu Recht oder Unrecht, wird bei „Klipzensored“ nicht thematisiert. Den persönlichen Indexhammer möchte man dann in „Stripped Bare“ auspacken. Der scheinbare Zwang, Vaginas ausstellen zu müssen, nervt kolossal: Nahaufnahme, noch näher, unter den Rock gespäht, zum Fetisch verpackt. Okay. Begriffen. Aber der entblößte menschliche Körper, um den es in der Ausstellung in c/o Berlin geht, verdient mehr als ausschließlich erotische oder pornografische Perspektiven. Die Kraft des Blicks auf die Gesellschaft durch das „Tap- und Tast-Kino“ von Valie Export scheint hier vergessen. Da können Paul McCartneys „Hot Dog“-Masturbationsvideo, Warhols fast medizinisch inszenierte Stillleben oder Boris Michailowicz’ Sozialstudien nur am Rand für andere Perspektiven sorgen.
KlipZensored, bis 21. 10., tägl. 12–19 Uhr, General Public, Schönhauser Allee 167 c Stripped Bare, bis 9. 12., tägl., 11–20 Uhr, c/o Berlin, Oranienburger Ecke Tucholskystraße