KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH : 90 Roma überfordern Berlin
Erst kampierten sie im Park, dann hausten sie im Bethanien. Nun haben die rund 90 Roma eine Kirche besetzt. Geklärt ist damit nur eins: Berlin ist offensichtlich überfordert, mit solch einer Gruppe umzugehen.
Man kann es sich – wie SPD, Linke und CDU – einfach machen und die Roma als Touristen aus Rumänien einstufen. Das ist formal korrekt. Touristen, das weiß jedes Kind, haben Geld mitzubringen, bald wieder abzureisen und keine Forderungen zu stellen. Wenn sie es doch tun, kann man mit eh schon vorhandenen Ressentiments spielen. Dumm nur, wenn ein einziger Blick reicht, um zu erkennen, dass die Roma keine klassische Reisegruppe sind. Touristen schlafen gewöhnlich im Hotel, nicht im Görlitzer Park.
Man kann es sich – wie das Hausprojekt „New Yorck“ im Bethanien – schwer machen und die Roma als vom Staat drangsalierte Obdachlose unter dem eigenen Dach einquartieren. Das entspricht dem klassisch linken Weltbild. Und wer das nicht ganz so toll findet, kann leicht als Rassist entlarvt werden. Dumm nur, dass selbst ein großes Projekt mit so einer Gruppe offensichtlich überfordert ist. Auch wegen der kulturellen Differenz zwischen Politpunk-Kommunarden und Roma-Großfamilien.
Die Roma wirken fremd. Tatsächlich aber sind sie ganz offiziell Teil des bunt besetzten europäischen Hauses. Die Stadt muss sich daher dringend etwas Neues einfallen lassen. Abweisende Unterkünfte oder unverhohlene Rückreiseaufforderungen passen nicht in die globalisierte Welt. Foto: A. Losier
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