KOMMENTAR VON DANIEL BAX : Obamas Dilemma oder: der Moscheestreit von Manhattan
Der Streit über eine muslimische Initiative, die in der Nähe von Ground Zero ein islamisches Gemeindezentrum errichten will, ist jetzt ganz oben angekommen. US-Präsident Obama macht dabei keine gute Figur. Erst fühlte er sich genötigt, am Rande eines Ramadan-Dinners (!) am Freitag im Weißen Haus daran zu erinnern, dass die Religionsfreiheit fest in der amerikanischen Verfassung verankert sei. Keinen Tag später aber gibt er – nach harscher Kritik von 9/11-Opferverbänden – zu verstehen, dass er damit keinen Kommentar zum Moscheestreit von Manhattan habe abgeben wollen: Zu heikel ist ihm das Thema, das seit Wochen die US-Öffentlichkeit polarisiert.
Dabei ist im Prinzip völlig klar: Muslime haben in den USA das gleiche Recht, mitten in New York eine Moschee zu errichten, wie Juden dort eine Synagoge oder Hindus einen Tempel eröffnen dürfen. Doch seit den Anschlägen vom 11. September empfinden auch viele US-Amerikaner den Islam per se als bedrohlich. Konservative Scharfmacher nutzen das jetzt aus, indem sie zum Kulturkampf um Ground Zero blasen. Und selbst führende Republikaner sind sich nicht zu schade, dabei antimuslimische Ressentiments zu schüren.
Im Kern geht es dabei auch um die Frage, welcher Stellenwert den Anschlägen vom 11. September im Selbstverständnis der USA zukommt. Ein Hang zur Sakralisierung ist unverkennbar, wenn konservative Publizisten mit Blick auf Ground Zero von „heiligem Boden“ sprechen. Dabei blenden sie nicht nur aus, dass an diesem Ort auch US-Muslime gestorben sind, sondern auch, dass sich in dessen Nähe auch Stripbars und Pornoläden finden. Wenn Muslime kein Problem mit dieser Umgebung haben – warum soll man dann ein Problem mit ihnen haben?
Für Obama ist das Thema riskant. Zwar mühte sich auch sein Amtsvorgänger George W. Bush zuweilen, zwischen unbescholtenen Muslimen und radikalen Islamisten zu unterscheiden. Doch er sah sich nie Vorwürfen ausgesetzt, zu nachsichtig gegenüber Terroristen oder gar selbst ein verkappter Muslim zu sein, wie es jetzt Obama widerfährt. Der Präsident meidet deshalb jetzt eine klare Parteinahme.
Wichtiger ist in dieser Frage ohnehin Michael Bloomberg. Der beliebte Bürgermeister von New York zeigt Größe, indem er die Muslime in Manhattan offen unterstützt. Eine Mehrheit seiner Wähler weiß er dabei nicht hinter sich.