KOMMENTAR: EIKEN BRUHN ÜBER DIE OBDUKTIONSPFLICHT : Beruhigt die Gesellschaft
Eine Obduktionspflicht bei Kleinkindern schreckt Eltern davon ab ihre Kinder zu töten – das glauben Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde. Das ist ähnlich absurd wie die Hoffnung, Babyklappen würden Eltern davon abhalten, ihre Kinder kurz nach der Geburt zu töten oder auszusetzen. In beiden Fällen muss man davon ausgehen, dass sich die meisten Täter oder Täterinnen in Ausnahmesituationen befinden, in denen sie nicht rational handeln. Solche Fälle werfen die Frage auf, wem eine Strafverfolgung und Verurteilung überhaupt nützt: Dem toten Kind? Den Eltern, die sich mit der Tat auseinandersetzen müssen und hoffentlich therapeutische Hilfe finden? Oder nicht vielmehr der Gesellschaft, die es nicht erträgt, wenn Kinder sterben, am allerwenigsten, wenn die Eltern schuld an deren Tod sind?
Die Obduktionspflicht hat mit Prävention nichts zu tun. Nachdenklich machen sollte die Befürworter, dass ausgerechnet der Bremer Kinderschutzbund das Vorhaben ablehnt – mit Verweis auf die Angehörigen, denen ein Verbrechen unterstellt wird, die nicht über den Körper ihres toten Kindes entscheiden dürfen, die auf die Beerdigung warten und sich vorstellen müssen, wie es untersucht wird.
Vier Kinder wären 2008 betroffen gewesen. Wie viele alte Menschen starben im selben Jahr, ohne dass die Todesursache bekannt war? Hier wäre eher eine Obduktionspflicht angemessen, denn bei Alten muss man davon ausgehen, dass tatsächlich niemand genauer hinguckt.