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Archiv-Artikel

KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER EINE ZWICKMÜHLE Die falsche Frau am richtigen Ort

Formalistisch betrachtet kann die Bremer SPD nur Karin Jöns wählen

Die Bremer SPD hat sich die Misere selbst eingebrockt: Sie kommuniziert seit Jahren, dass Frauen in dieser Partei nichts zu sagen haben. Bei der Diskussion um Ämter, die von den Sozialdemokraten im Kleinstlande ja noch in erklecklicher Zahl vergeben werden, fallen zuverlässig nur Männernamen: Drei Unterbezirke hat die Partei und drei männliche Unterbezirksvorsitzende, der Landesvorsitz wird seit zehn Jahren von Mann zu Mann weitergereicht, der Fraktionsvorsitz auch. Und erst recht die Bundestagsmandate.

Das steht im Missverhältnis zu allen Quoten-Beschlüssen der Parteitage – und klar weiß Karin Jöns das. Formalistisch betrachtet kann die SPD nur sie wählen. Oder eben sagen, dass Gleichberechtigungs- und Gender-Reden an Werktagen nicht gelten. Und weil die SPD-Versorgungspraxis nur ungern zugegeben wird, nicht mehr tragbare Mitarbeiter ins Europaparlament zu expedieren, und weil Jöns nach ihrem Abgang aus Brüssel mit nordrhein-westfälischer Schützenhilfe in den Bundesvorstand der Partei gehievt wurde – kann niemand von den Partei-Oberen sagen, dass er sie im Grunde für eine ungeeignete Kandidatin für den Landesvorsitz hält.

Das ist für die Partei ein Desaster. Denn wird sie nicht gewählt, bekräftigt die SPD ihr misogynes Image. Wird sie’s aber doch, entwickelt sich daraus – und nicht etwa aus der Mitgliederbefragung – eine Zerreißprobe.