piwik no script img

Archiv-Artikel

KNAPPES WAHLERGEBNIS IM KONGO KÖNNTE DEMOKRATIE FÖRDERN Keine staatliche Übermacht

Joseph Kabila hat in der Demokratischen Republik Kongo keinen Triumph hingelegt. Normalerweise lassen sich afrikanische Präsidenten bei Wahlen mit viel höheren Siegen bestätigen als mit jenen 58 Prozent, die Kabila für sich verbuchen konnte. Mit 42 Prozent für den Gegenkandidaten Bemba ist nun ein Kompromiss das Gebot der Stunde.

Bemba kann eine institutionalisierte Rolle in der Zukunft des Kongo beanspruchen. So hat er im zweiten Wahlgang deutlich überzeugender dazugewonnen als Kabila. Er verdoppelte seinen Stimmanteil gegenüber dem ersten Wahlgang von 20 auf 42 Prozent, während Kabila nur von 45 auf 58 Prozent zulegte, obwohl er das breitere Wahlbündnis um sich geschart hatte. Zudem hat Bemba in sechs der elf Provinzen des Landes die Mehrheit erreicht – und da aus den jetzt ebenfalls gewählten Provinzparlamenten das Oberhaus in Kinshasa hervorgeht, könnte Kabila eine Parlamentskammer gegen sich haben. Allerdings ist auch nicht auszuschließen, dass Bembas Wahlallianz sich jetzt auflöst, wenn sich einige Karrieristen noch schnell auf die Seite des Siegers Kabila schlagen wollen.

Eigentlich kann der Kongo sich glücklich schätzen, dass die Wahlen ein so ausgeglichenes Ergebnis produziert haben. Es zwingt zur Zusammenarbeit und zur gegenseitigen Anerkennung; es eröffnet zumindest theoretisch ein Spiel eines Mehrparteiensystems in demokratischen Institutionen, die nicht durch das Übergewicht einer Staatspartei verfälscht sind.

Es zeugt von der tiefen Unsicherheit des Landes, dass die meisten kongolesischen Kommentatoren diese Chance nicht sehen, sondern die Schattenseiten hervorkehren: eine nicht eindeutig geklärte Machtfrage, eine deutliche regional-ethnische Spaltung, eine befürchtete Tendenz, politische Institutionen zu ignorieren, wenn es um das eigene Überleben geht. Niemand scheint derzeit dem Kongo diese Unsicherheit nehmen zu können. Am allerwenigsten leider Europa, das sich jetzt nach vier Monaten Militärpräsenz unbekümmert davonschleichen will. DOMINIC JOHNSON