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Archiv-Artikel

JÜRGEN GOTTSCHLICH ÜBER DIE REGIERUNGSBILDUNG IN DER TÜRKEI Kurdische Partei an Schaltstelle

Seit gestern ist erstmals nach der Gründung der türkischen Republik vor bald 100 Jahren eine kurdische Partei in der Volksversammlung des Landes vertreten. Mit immerhin 80 Abgeordneten liegt die linke kurdische HDP gleichauf mit ihrem größten politischen Gegner, der ultranationalistischen MHP, die ebenso 80 Abgeordnete stellt.

Mit ihrem Einzug ins Parlament hat die HDP bereits eines ihrer beiden großen Wahlversprechen eingelöst. Sie hat dadurch verhindert, dass die regierende AKP eine verfassungsändernde Mehrheit bekommt, um die parlamentarische Demokratie in ein Präsidialsystem mit aller Macht für Präsident Erdogan umzuwandeln.

Bleibt ihr zweites Versprechen, dafür Sorge zu tragen, dass zwischen Kurden und Türken Frieden einkehrt und der bewaffnete Kampf der PKK gegen den türkischen Staat beendet wird. Das wird wesentlich schwieriger, denn die HDP braucht dafür sowohl die PKK als auch die zukünftige Regierung. Sie selbst wird mit der Regierungsbildung nichts zu tun haben; im Raum steht ein Bündnis der AKP mit der MHP.

Trotzdem ist die HDP nicht ohnmächtig. Mit ihrer großen Präsens im Parlament kann und muss sie innerhalb der Bevölkerung für den Friedensprozess werben. Bislang bestand der vor allem aus Geheimgesprächen zwischen dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan und der Regierung. Daraus muss ein öffentlicher Prozess werden, in dem für alle transparent über zukünftige Rechte für ethnische Minderheiten diskutiert wird. Die HDP kann jetzt mit einem klugen Auftritt im Parlament der türkischen Bevölkerung die Angst vor Separation und Terrorismus nehmen. Nur so können die Gespenster der Vergangenheit für alle sichtbar vertrieben und damit die Grundlage für einen Frieden gelegt werden.

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