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Archiv-Artikel

JOHANNES PAULS II. BISCHÖFE HABEN DEN KONTAKT ZUR BASIS VERLOREN Mixa und Marx machen Murks

Alt ist der Streit und schwer zu lösen allemal: Wie weit muss sich die Kirche an den Zeitgeist anpassen? Wo muss sie, um den Kern ihrer Botschaft willen, gegen Moden und Zeiten stehen? Und wie ist es zu trennen: das Zeitlose und das Veränderbare?

Die Bischöfe Mixa und Marx haben sich entschieden: Wenn ein Priester die katholische Eucharistie an Nichtkatholiken austeilt oder am evangelischen Abendmahl teilnimmt, trifft das nach ihrer Ansicht den Kern ihrer päpstlichen Kirche – die Priester, Bernhard Kroll und Gotthold Hasenhüttl, werden suspendiert. So hat der ökumenische Kirchentag, der mit so viel Sympathie für die Christen in Berlin gefeiert wurde, sein übles Nachspiel.

Das ist traurig und ärgerlich, da die Oberhirten mal wieder einreißen, was die Laien in der Hauptstadt zuvor aufbauten. Die Suspendierungen demonstrieren, wie wenig Kontakt die Bischöfe noch zu ihrer Basis haben. In Pfarrer Krolls mittelfränkischen Heimat herrscht offener Widerstand gegen Mixa, sonst nur verständnisloses Kopfschütteln über die Kirchenleitung: Wir leben übrigens im 21. Jahrhundert, da Christen aller Konfessionen nur noch eine Minderheit sind, nicht mehr im 16. Jahrhundert der Kirchenspaltung, als Luther ein Teufelsknecht und der Papst die Hure Babylon war.

Aber das schert diese Bischöfe nicht. Für sie bleiben Protestanten offenbar Ketzer, ihr Abendmahl ein besseres Picknick. Oder geht es den Mitraträgern aus der deutschen Provinz bloß darum, päpstlicher zu sein, als der selbst ist, um sich so als Hardliner zu profilieren? Die Suspendierungen zeigen, wo wir nach 25 Jahren Karol Wojtyła angekommen sind: konservative Speichellecker allerorten.

Dabei zeigen Beispiele, dass es auch anders geht: Bischof Lehmann etwa stieg zum Kardinal auf, obwohl er sich Roms Direktiven zur deutschen Konfliktberatung für Schwangere widersetzte und sich so im Vatikan nur wenig Freunde machte. Vor allem aber vermochte er zu unterscheiden, was den Kern der christlichen Botschaft betrifft und was dem Zeitgeist geopfert werden darf. Nicht für alle Bischöfe und Kardinäle muss man sich nur noch schämen. PHILIPP GESSLER