JOHANNES KOPP ZU DEN DEUTSCHEN BEWERBUNGEN FÜR OLYMPIA : Schön schöngerechnet
Verpackt haben sie ihre Bewerbungen für die Olympische Spiele 2024 oder 2028 jeweils etwas anders. Hamburg will mit Sommerspielen der kurzen Wege punkten, Berlin setzt auf eine integrative weitläufigere Organisation. Im Kern gleichen sich die Konzepte und einkalkulierten Kosten jedoch wie ein Ei dem anderen. Nachhaltig, ökologisch und sparsam sollen die Spiele sein. Beide Städte wollen dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) den Weg weisen, wie man dem Gigantismus der Veranstaltung beikommen kann.
Da aber das olympische Geschäftsmodell der Logik des stetigen Wachstums folgt, an dem nicht zuletzt der IOC gut verdient, dürften diese Konzepte wenig Erfolgsaussichten haben. Dass die beiden Großstädte nach dem Scheitern Münchens für die Winterspiele 2022 – gegen die sich die eigene Bevölkerung aussprach – nun ihren Hut in den Ring werfen, kann man für mutig halten. Zumal auch die Macher in Bayern beispielgebend sein wollten in puncto Nachhaltigkeit.
Mutiger wäre es aber gewesen, wenn man radikale Konsequenzen aus der Münchner Vorgeschichte gezogen hätte. Die knapp zweieinhalb Milliarden Euro Ausgaben, die Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit veranschlagt hat, liegen nicht weit entfernt von den drei Milliarden, welche die Londoner einst für 2012 ausgeben wollten. Gekostet hat das Schöngerechnete letztlich sowieso das 3,7-fache. Und Berlin gilt im Schönrechnen von Großprojekten sowieso als nahezu unschlagbar.
Mit einem klaren Gegenentwurf hätte man zumindest den Beweis antreten können, dass auch in einer Demokratie die Bevölkerung für Olympia zu begeistern ist. Mit dem nun von Hamburg und Berlin präsentierten halbherzigen Spagat wird man weder die Sportfunktionäre noch die eigenen Bürger überzeugen können.
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