JERÔME BOATENG, TÄNZER : Der Sichere
■ spielt immer gegen seinen Namen an, weil den auch sein Halbbruder Kevin Prince trägt. Foto: dpa
Seit Wochen sucht Dietmar Beiersdorfer einen neuen Innenverteidiger. Nun scheint es so, als wäre er fündig geworden: In Schweden. Und doch in der eigenen Mannschaft. Im Gamla Ullevi Stadion von Göteborg konnte Hamburgs Sportdirektor einen Mann beobachten, der die Offensivartisten der spanischen U 21 zu Wackeldackeln degradierte.
Jerôme Boateng, der in der vergangenen Saison unter Martin Jol ins Abseits gerutscht war, lieferte ein nahezu perfektes Spiel. Viele mussten zweimal auf den Spielberichtsbogen schauen, um sich zu vergewissern, ob dieser Defensiv-Tänzer wirklich derselbe Boateng war, der im Mannschaftspuzzle des HSV zuletzt zu einem beliebigen Versatzstück verkommen war.
Boatengs Leistung kommt einer Verwandlung gleich. Die Erklärung für diese Leistungseruption im DFB-Nachwuchs ist jedoch einleuchtend: Unter Horst Hrubesch spürt der sensible Boateng das Vertrauen, das ihm Martin Jol zu keiner Zeit entgegenbringen wollte. In der U 21 darf Boateng als Innenverteidiger auflaufen. Es scheint seine Idealposition zu sein. Dort verteidigt der 20-Jährige mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte es diese letzte Saison nie gegeben. Und verblüfft plötzlich selbst seine schärfsten Kritiker. Denn dass ein Boateng für positive Schlagzeilen sorgt, das hat es lange nicht gegeben.
Boateng spielt immer gegen seinen Namen an, weil den auch auf sein Halbbruders Kevin Prince trägt. Boateng steht für Krawall und wenig ballorientiertes Remmidemmi, überharte Zweikämpfe, Ohrfeigen und Vandalismus. An Jerôme Boateng haftet auch nach dem Wechsel zum HSV noch immer der Geruch des Ghettos. In Schweden nun scheint er diesen Geruch abzustreifen und plötzlich eine innere Ruhe zu finden, die er braucht, um für die neue innere Sicherheit zu sorgen. Bei sich und in der Mannschaft. LUCAS VOGELSANG