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Archiv-Artikel

JE LÄNGER HOHMANN SCHWEIGT, UMSO SCHLIMMER FÜR DIE CDU Der Gesichtsverlust ist unausweichlich

Wegducken ist nur selten eine kluge Strategie, aber trotzdem wird es immer wieder versucht. Wenn den Beteiligten erst einmal dämmert, dass sie eine Fehler gemacht haben, ist es meist zu spät. Die FDP hat das seinerzeit bei den Zündeleien von Jürgen Möllemann gemerkt, und jetzt ergeht es der CDU nicht besser. Das ist kein Anlass für Mitgefühl. In beiden Fällen gilt: selbst schuld.

Hätte die CDU-Führung den Mut gehabt, sich von Martin Hohmann unwiderruflich zu distanzieren, dann wären ihr daraus einige kleinere Probleme erwachsen: ein paar Gegenstimmen in der Fraktion und etliche böse Kommentare. Unangenehm, aber so etwas lässt sich aushalten. Die CDU hatte den Mut nicht. Und deshalb hat sie jetzt ein richtig großes Problem. Vermutlich wären alle Spitzengremien den keineswegs unersetzlichen Abgeordneten lieber heute als morgen los. Aber sie haben sich eigenhändig den Weg verbaut. Schlimmer noch: Sie haben sich bei der Beurteilung einer Grundsatzfrage vom künftigen Verhalten eines Mannes wie Martin Hohmann abhängig gemacht. Ein kläglicheres Bild kann man kaum abgeben.

Eigentlich muss die CDU hoffen, dass der Abgeordnete seinem Herzen noch einmal Luft macht. Tut er das nicht, dann hat die Partei- und Fraktionsspitze keinen Handlungsspielraum mehr. Schließlich hat sie eine widerwillige Entschuldigung zur hinreichenden Sühne für alle Äußerungen der Vergangenheit erklärt, und darüber hinaus haben Spitzenpolitiker wie Wolfgang Bosbach den Fall zum Gegenstand des Parteienstreits gemacht.

Das war bemerkenswert dämlich. Wenn der Fraktionsvize öffentlich behauptet, der bekennende Hohmann-Bewunderer Günzel sei nur deshalb als General entlassen worden, um die Union in Schwierigkeiten zu bringen, dann schafft er selbst die Voraussetzung dafür, dass die CDU sich von Martin Hohmann nicht mehr ohne Gesichtsverlust trennen kann. Dann wird sie es eben mit Gesichtsverlust tun müssen. Auf Dauer werden Leute wie der hessische Ministerpräsident Roland Koch nämlich nicht damit leben können, dass ihnen zahlreiche Stützen der Gesellschaft bei offiziellen Feierstunden nicht mehr zuhören mögen und einfach den Saal verlassen. BETTINA GAUS