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Israel/PLO: Sabotiert das Militär den Frieden?

■ Generalstreik in Gaza nach Erschießung eines Fatah-Kommandeurs durch Soldaten / Israels Stabschef stellt sich gegen weitere Zugeständnisse an Arafat

Gaza/Jerusalem (AFP/AP) – Ein Generalstreik im von Israel besetzten Gaza-Streifen, zu dem die von Jassir Arafat geführte PLO- Unterorganisation Fatah aufgerufen hatte, ist gestern nach palästinensischen Angaben weitgehend befolgt worden. Die Fatah wollte mit dem auf drei Tage angesetzten Streik gegen die Erschießung einer ihrer Führer am Donnerstag durch als Araber verkleidete israelische Soldaten protestieren. Sie wies jedoch Berichte zurück, wonach sie nun den bewaffneten Kampf gegen Israel wiederaufnehmen wolle. Auch in Ost-Jerusalem und im Westjordanland blieben viele palästinensische Geschäfte geschlossen. Bei neuen Zwischenfällen am Freitag wurden in der Stadt Rafah zwei Palästinenser von israelischen Soldaten angeschossen.

Der PLO-Delegationsleiter für die Gespräche mit Israel, Nabil Schaath, warf gleichzeitig dem israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin vor, die Umsetzung des Gaza-Jericho-Abkommens hinauszuzögern. Gegenüber der israelischen Zeitung Jediot Acharonot sagte Schaath: „Wir hätten das Autonomieabkommen in der vergangenen Woche in Davos unterzeichen können. Aber Rabin wollte nicht.“ In Davos hatten sich Außenminister Peres und Arafat getroffen. Peres habe vor der Unterzeichnung noch ein Telefonat mit Rabin führen wollen. „Sein Gesicht strahlte“, sagte Schaath, „doch dann kam er mit enttäuschter Miene zurück.“ Peres habe dann nur noch gesagt, er habe keine Zeit mehr und müsse seinen Flug nach Washington antreten.

Dieselbe Zeitung berichtete, führende israelische Militärs legten sich im Friedensprozeß quer. Stabschef Ehud Barak warf nach dem Zeitungsbericht Peres vor, bei seinen Gesprächen mit Arafat in Davos zu viele Zugeständnisse gemacht und die Stellung Israels im Sicherheitsbereich gefährdet zu haben. Peres habe seinerseits das Militär der Detailversessenheit beschuldigt. Barak habe Rabin vorgeschlagen, auch eine Krise in den Verhandlungen zu riskieren, um Arafat klarzumachen, daß Israel gewisse vom Sicherheitsbedürfnis diktierte Grenzen nicht überschreiten werde.

Nachdem Barak gestern auch noch im Rundfunk von „Meinungsverschiedenheiten“ zwischen dem Militär und dem Außenministerium sprach, sah sich Ministerpräsident Rabin veranlaßt, in den Streit einzugreifen und sich mit seinen Generälen zu treffen. Rabin versuchte die Kontroverse herunterzuspielen. „Bei jeder Diskussion gibt es Leute mit verschiedenen Meinungen, im Außenministerium ebenso wie im Sicherheitsapparat. Wir sprechen nicht über Prinzipielles, sondern über die Umsetzung im Alltag.“

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