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Archiv-Artikel

Israel muss verhandeln KOMMENTAR VON URI AVNERY

Ohne zu wissen, dass er aufgezeichnet wurde, meinte George W. Bush zu Tony Blair: „Siehst du, die Ironie ist, dass man die Syrer veranlassen muss, die Hisbollah zu veranlassen, mit der Scheiße aufzuhören. Dann wird das Ganze vorbei sein.“ Wie ironisch! Denn erst vor ein paar Monaten ist es den Amerikanern gelungen, die Syrer aus dem Libanon hinauszuwerfen. Jetzt sehnen sie sich nach ihnen. Wie also wird dieser Krieg enden?

Die israelische Armee, die jetzt die Politik Israels bestimmt, will das riesige Raketenarsenal der Hisbollah vernichten, ferner die libanesische Regierung veranlassen, die Hisbollah zu entwaffnen und sodann die libanesische Armee an der Grenze zu stationieren. Nur: Selbst die gewaltige Übermacht Israels kann das nicht erzwingen.

Die Hisbollah ist die authentische Führung der Schiiten, die 40 Prozent der Bevölkerung Libanons ausmachen und die mit den anderen Muslimen die Mehrheit bilden. Die Idee, dass die libanesische Regierung – die aus vielen ethnisch-religiösen Gruppen besteht – zu einer Entwaffnungsaktion imstande wäre, ist eine vollkommene Illusion. Dieses Projekt ignoriert außerdem die Tatsache, dass die Schiiten auch in Libanons Armee ein große Rolle spielen. Es ist verrückt zu glauben, diese Armee würde mit der Hisbollah kämpfen.

Eine internationale Truppe, wie Kofi Annan sie sich vorstellt, kann in einer solchen Situation wenig leisten. Selbst die gewaltige israelische Armee ist in jahrelangen Kämpfen von der Hisbollah-Guerilla geschlagen worden. Eine internationale Truppe kann sich im Südlibanon nicht halten, wenn die Hisbollah nicht ihre Zustimmung gibt.

Am Ende kann eine Lösung nur im Einvernehmen mit den Schiiten und indirekt mit Syrien und Iran zustande kommen. Also muss Israel verhandeln. Aber das kann nicht auf den Libanon beschränkt werden. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat mit der Eskalation hauptsächlich begonnen, um in der arabischen Welt als eine Art Erlöser der Palästinenser gefeiert zu werden. In Gaza tobt ein Krieg, der noch schlimmer ist als der im Libanon. Es wird keine Ruhe geben, bis Israel auch hier mit Gesprächen beginnt – und zwar mit der demokratisch gewählten palästinensischen Regierung, also mit der Hamas.

Das ist möglich, das ist nötig, wir kommen nicht daran vorbei. Bis dann wird „die Scheiße“ , wie Bush das so schön ausgedrückt hat, nicht vorbei sein.

Der Autor, 1923 in Beckum (Westfalen) geboren, ist israelischer Friedensaktivist, Träger des Alternativen Nobelpreises und des Palästinensischen Preises für Menschenrechte