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Archiv-Artikel

Iran: Die Europäer sollten auf Kofi Annan setzen Sanktionen stärken nur die Islamisten

„Ich glaube nicht, dass Sanktionen die Lösungen zu allen Problemen sind“, sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan vor seinem Besuch in Teheran der französischen Tageszeitung Le Monde. „Es gibt Augenblicke, wo ein wenig Geduld sehr viel ausrichtet.“ Geduld sei eine Qualität, die häufiger eingesetzt werden sollte.

Man kann nur hoffen, dass diese Einsicht nicht zu spät kommt und der enorme Schaden eingegrenzt wird, den die USA und Israel und in ihrem Gefolge die EU im Nahen und Mittleren Osten bereits angerichtet haben. Hätte man in Washington der im Abendland so hoch gepriesenen Vernunft einen winzigen Platz eingeräumt, hätte man längst feststellen müssen, dass die Politik, eigene Interessen als Demokratisierung der Region kaschiert mit Gewalt durchzusetzen, erbärmlich gescheitert ist. Afghanistan und noch mehr Irak waren doch Beweis genug, um festzustellen, dass Wirtschaftssanktionen und militärische Interventionen den betreffenden Ländern nichts als Chaos bescheren, die Radikal-Islamisten stärken und dem Terrorismus enormen Auftrieb verleihen. Aber offenbar reichten diese Erfahrungen für Washington und Tel Aviv nicht aus. Es folgten der Einmarsch in den Gaza-Streifen und der Krieg in Libanon. Und nun eskaliert der Streit über das iranische Atomprogramm.

Dieser Streit, der vor allem seitens der USA mit Sanktions- und Kriegsdrohungen geführt wurde, ist mit ein wichtiger Grund dafür, dass die Radikal-Islamisten im Iran die Macht für sich monopolisieren konnten und Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad in der gesamten islamischen Welt zum Helden geworden ist. Damit nicht genug. Heute kann Ahmadinedschad gegenüber den Moderaten und Reformern mit Stolz behaupten, dass sein radikaler Kurs richtig war. Ist er doch bisher als einziger Sieger aus dem Streit hervorgegangen. Der UN-Sicherheitsrat steht nach Ablauf des Ultimatums lächerlich da, er ist handlungsunfähig. Russland und China waren von vornherein gegen Sanktionen und die Europäer haben schon kalte Füße bekommen, denn sie scheinen endlich zu begreifen, dass sie mit Sanktionen sich ins eigene Fleisch schneiden. Hätte man all dies nicht schon vorher wissen können?

Wie aber wird Washington reagieren? Nimmt man die Worte Präsident George W. Bushs und die seines Verteidigungsministers Donald Rumsfeld ernst, dann ist die Befürchtung durchaus berechtigt, dass Washington, wie schon vor dem Irakkrieg, den Weg der Gewalt wählt und – wie Rumsfeld kürzlich als Möglichkeit bezeichnet hat – einen neuen Kriegsschauplatz im Iran öffnet. Wie es scheint, ist die Vernunft noch längst nicht ins Weiße Haus eingekehrt.

Dabei gibt es aber einen wichtigen Haken. Anders als beim Irakkrieg will Washington offenbar keinen Alleingang wagen. Dieses Mal soll es, wenn Russland und China sich heraushalten sollten, die Nato richten. Die Frage ist, ob die Europäer, vor allem Deutschland und Frankreich, dieses Mal dem Drängen Washingtons nachgeben werden. Ein Nachgeben wäre eine Katastrophe mit verheerenden Folgen. BAHMAN NIRUMAND