: Immer falsch eingeschätzt-betr.: "Saddam Hussein als Realpolitiker", Kommentar von Beate Seel, taz vom 23.2.91
betr.: „Saddam Hussein als Realpolitiker“, Kommentar von
Beate Seel, taz vom 23.2.91
[...] Ich bin überrascht. Zwar fehlen mir die genauen Kenntnisse nahöstlicher Mentalität, wie sie etwa Antje Vollmer („Arabern stellt man kein Ultimatum“, taz vom 22.2.91) oder Ströbele auszeichnen, aber ich lese ja die Zeitungsmeldungen. Und nach denen hat Saddam Hussein politische Lagen bisher eigentlich immer falsch eingeschätzt: Der Iran war trotz blutigster innenpolitischer Kämpfe seinerzeit keine leichte Beute, der „Kalte Krieg“ verhinderte keine weltweite Verurteilung seiner Aggression gegen Kuwait, die arabischen Massen, wer immer das sein mag, rebellierten nicht nach dem Angriff der Alliierten am 17.Januar, die westliche Öffentlichkeit stellte sich nicht auf seine Seite, Israel trat nicht in den Krieg ein, und die arabischen Kriegsbeteiligten sprangen nicht ab (was sie auch bei Israels Vergeltungsschlag nicht getan hätten), der „Heilige Krieg“ wurde nicht weltweit geführt, die diplomatischen Spielchen der letzten Tage (deren Ernsthaftigkeit durch gleichzeitige Raketenangriffe auf Israel verdeutlicht wurde) verhinderten nicht den Beginn der Landkämpfe, die arabischen Alliierten springen auch jetzt noch nicht ab, im Gegenteil — mehr politische Fehleinschätzungen gehen eigentlich kaum noch.
Ihn dann zum Realpolitiker zu machen, erscheint mir sehr gewagt, oder besser — parteiisch. Ich weiß nur nicht, warum. Andreas Ruppert, Paderborn
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