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Archiv-Artikel

ISRAELS NEUES EHEGESETZ VERTREIBT GANZE BEVÖLKERUNGSGRUPPEN Praktizierter Rassismus

Israelische AraberInnen, die sich in PalästinenserInnen verlieben, haben zwei Möglichkeiten: Sie verzichten darauf, mit ihrer/m Partner zusammenzuwohnen und beschränken sich auf Wochenendbesuche, immer darauf hoffend, dass gerade keine Straßenblockaden das Tête-à-tête behindern. Oder: Sie verlassen ihr Heim, geben ihre Arbeit und letztendlich ihre Staatsbürgerschaft auf und ziehen ins besetzte Gebiet. Beides keine attraktiven Optionen. Wer kann, wird dann schon eher komplett die Region verlassen und einen Neustart in Kanada oder Australien versuchen.

Das neue Gesetz für palästinensische Ehepartner hätte wenig überrascht, stammte es von demrechtsnationalen Politikers Avigdor Lieberman. Initiator war jedoch Innenminister Abraham Poras, der einer liberalen Partei der Mitte angehört. Mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament fiel es ihm leicht, die schleichende Vertreibung einer kompletten Bevölkerungsgruppe rechtens zu machen. Unter dem Deckmantel der Sicherheit organisiert Poras seine Bevölkerungsstatistik.

Der bereits praktizierte Rassismus im Land bekommt nun zusätzliche Brisanz. Das so genannte Rückkehrrecht garantiert seit Staatsgründung den Juden aus aller Welt bei Ankunft automatisch die Staatsbürgerschaft. Gleichzeitig ist für Nichtjuden ohne Familienbande eine Einbürgerung praktisch unmöglich. Das bislang geltende Gesetz ist ungerecht, aber – im Gegensatz zu der neuen Regelung – zumindest diskutierbar. Israel ist kein Staat wie jeder andere, sondern ein Staat, dessen Existenzrecht darauf basiert, wenn nötig als Asyl zu dienen, für all jene, die verfolgt werden, weil sie Juden sind. Solange Antisemitismus existiert, muss auch Israel als Judenstaat existieren.

Die Trennung in zwei Staaten und der Verzicht auf Gebiete, die dicht von Menschen bewohnt sind, die nicht zu Israel gehören wollen, ist deshalb gut für den Judenstaat. Wenn man Ostjerusalem dem künftigen Palästina angliederte, würden die um demografische Verschiebungen besorgten Politiker wieder ruhig schlafen können.

SUSANNE KNAUL