IRANISCHES ATOMPROGRAMM: DIE EU STELLT DIE FALSCHEN FORDERUNGEN : Kontrollieren, nicht abschaffen
Die EU schließt ein militärisches Vorgehen gegen Iran bislang aus. Brüssel will den Konflikt um das iranische Atomprogramm ausschließlich auf dem Verhandlungswege beilegen. Das ist gut so. Doch besteht die große Gefahr, dass die EU mit ihrem Verhandlungsansatz scheitert und ihr dann als Option nur noch die Unterstützung oder Ablehnung eines von Washington geführten Krieges gegen Iran bleibt. Denn die EU erhebt in der Sache dieselbe Forderung an Teheran wie die USA: Das Land soll auf die Urananreicherung verzichten – selbst zum international ja nicht verbotenen Zwecke der Energiegewinnung.
Doch auf diese Forderung würde sich wohl selbst eine demokratisch gewählte Regierung in Teheran nicht einlassen. Schon allein deshalb, weil diese Forderung eine Diskriminierung im Vergleich zu anderen Ländern bedeutet, die die erlaubte Urananreicherung zu zivilen Zwecken ebenfalls betreiben. Die Eliminierung der heute im Iran vorhandenen atomaren Kenntnisse, Fähigkeiten und Kapazitäten wäre – wenn überhaupt – nur mit einem Krieg und der Besetzung des Landes möglich. Die einzig realistische Strategie zur Beilegung des Konflikts wäre daher die Forderung an Teheran, sich multilateralen Kontrollregimes und Transparenzregeln zu unterwerfen.
Das böte die Gewähr, dass ein Missbrauch der Urananreicherung zu militärischen Zwecken schnell entdeckt, sanktioniert und beendet werden könnte. Je eher die EU diese Forderung zum Kern ihres Verhandlungsansatzes mit Teheran macht, umso besser. Und die Aussichten auf einen Erfolg dieser Verhandlungen wären noch größer, wenn die EU dieselben Forderungen nach Unterwerfung unter multilaterale Kontrollregimes zugleich auch gegenüber Brasilien, Südafrika, Südkorea und anderen Staaten erhöbe, die derzeit Urananreicherung betreiben. Und wenn die EU gemeinsam mit den USA dafür sorgen würde, dass sich auch Israel mit seinen nachweislich bereits existierenden rund 300 atomaren Sprengköpfen endlich einer internationalen Kontrolle unterwirft und beginnt, sein Arsenal abzubauen. ANDREAS ZUMACH