IRAKKRIEG: ERST DIE WEHRPFLICHT BRÄCHTE DEN USA PROBLEME : Bush behält freies Schussfeld
Kein Zweifel: US-Präsident George W. Bush steht wegen des fortdauernden Krieges im Irak im eigenen Land unter politischem Druck. Die Zustimmungsraten zum Krieg und zum Präsidenten sinken in den Umfragen gleichermaßen. Doch dass dieser innenpolitische Stimmungsumschwung die Regierung zu Änderungen ihrer Irak-Politik oder gar einem vorzeitigen Abzug bringen könnte, ist nicht zu erwarten.
Im nächsten Jahr werden Wahlen zum US-Kongress stattfinden, und die kritischen Töne, wie sie jetzt aus dem Munde vieler demokratischer und mancher republikanischer Senatoren und Abgeordneter über den Irak zu hören sind, dürften mit diesen Wahlen mehr zu tun haben als mit dem politischen Wunsch, tatsächlich etwas zu verändern. Und: Spätestens, wenn Bush erneut um Geld für die US-Truppen im Irak bitten muss, wird der Kongress zustimmen – nichts ist politisch schädlicher als der Eindruck, den Jungs im Feld die Unterstützung zu entziehen. Woher also sollte überzeugender Druck kommen? Bush regiert in zweiter Amtszeit, und er kann nicht wiedergewählt werden.
Allerdings: Eine Front gibt es, die für Bush und die Republikaner echte Risiken birgt. Landauf, landab berichten die Anwerbeoffiziere der US-Armee von steigenden Schwierigkeiten, junge Leute vom Dienst an der Waffe zu überzeugen. Kein Wunder: Über 1.600 US-Soldaten sind im Irak bislang ums Leben gekommen, etliche tausend sind verletzt und verkrüppelt zurückgekehrt. Und die Fortsetzung ist garantiert. Die Folge: Die Dienstzeiten für die Reservisten werden länger, die Rückkehr der einzelnen Einheiten wird immer häufiger verschoben, die Unzufriedenheit wächst. Sollte die militärische Situation die Regierung doch irgendwann dazu bringen, für die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu plädieren – was sie im Wahlkampf stets weit von sich gewiesen hat –, dann dürfte dies der Wendepunkt sein, an dem die Fortsetzung des Krieges politisch nicht mehr durchsetzbar ist. Bis dahin allerdings hat Bush, trotz aller Umfragen, im Irak freies Schussfeld. BERND PICKERT