IRAK: US-PRÄSIDENT BUSH ZEIGTE, WIE ERNST DIE LAGE WIRKLICH IST : Ein Dieb in Bagdad
Der oberste Al-Qaida-Henker Abu Mussab al-Sarkawi ist tot, die irakische Regierung ist endlich vollzählig und vom gewählten Parlament bestätigt. Nun will der neue Premier Nuri al-Maliki auch noch mit harter Hand die Sicherheitslage in Bagdad unter Kontrolle bekommen. Als Gegengewicht bietet er den Aufständischen einen nationalen Aussöhnungsdialog an. Demnächst kommt womöglich sogar wieder Strom aus den irakischen Steckdosen.
Alles paletti in Bagdad? Den Irakern wäre es zu wünschen. Doch der Blitzbesuch des US-Präsidenten George Bush, gedacht als Schützenhilfe für die neue irakische Regierung, macht die Grenzen des gefühlten Erfolgs deutlich. Drei Jahre nach dem Einmarsch der US-Truppen muss sich deren oberster Feldherr wie ein Dieb nach Bagdad einschleichen. Die Reise war so geheim, dass selbst der irakische Premier erst fünf Minuten vor dem Zusammentreffen mit Bush über dessen Ankunft informiert worden war. Die Visite war so gefährlich, dass angeblich nur sechs Mitarbeiter des Weißen Hauses über deren Details unterrichtet waren.
Nach kurvenreichem Anflug, um einen Beschuss mit den von Aufständischen verwendeten geschulterten Flugabwehrraketen zu vermeiden, landete Air Force One am Flughafen von Bagdad. Von dort wurde Bush nicht triumphal im Konvoi der mit Stars and Stripes geschmückten schwarzen Limousinen, sondern per Hubschrauber in Tarnfarben zur abgeschotteten Grünen Zone transportiert. Sechs Stunden später, nach einem Fototermin mit Maliki fürs irakische und einem hemdsärmeligen Treffen mit den US-Soldaten fürs amerikanische Publikum, machte sich Bush wieder auf den Weg in die Heimat. Nachts, die Außenlichter von Air Force One abgeschaltet und die Fensterjalousien zugezogen.
Die neue irakische Regierung müsse nun das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen, verkündete Bush den Reportern an Bord der abgedunkelten Maschine. Er überging, dass es nicht nur um das Vertrauen der Bevölkerung ging, sondern auch um das von Bush selbst. Wer kann es ihm verdenken – schließlich wollte der US-Präsident die Stätte seines Erfolgs lebend verlassen. KARIM EL-GAWHARY