piwik no script img

Archiv-Artikel

IRAK-LÖSEGELD: DIE REGIERUNG GEFÄHRDET DIE NATIONALE SICHERHEIT Zu viel soll vertraulich sein

Sicherheit ist ein hohes Gut. Wer jedoch ständig auf mögliche Gefahren hinweist, erreicht das Gegenteil von dem, was – angeblich – bewirkt werden soll: Man nimmt Warnungen nicht mehr ernst, mögen sie im Einzelfall noch so berechtigt sein. Das gilt umso mehr, wenn der Verdacht besteht, dass Sicherheitsbedenken nur als Vorwand dienen, um lästigen Fragen auszuweichen. In diesem Sinne gefährden die Regierung und die sie tragenden Fraktionen inzwischen die nationale Sicherheit.

Die Fülle von Themen, die unter keinen Umständen erörtert werden sollen, wird allmählich unüberschaubar. Informationen zu BND-Aktivitäten, zu CIA-Praktiken, zu Geiselnahmen deutscher Staatsbürger im Ausland und zu möglichen Lösegeldzahlungen: Alles muss geheim bleiben, nichts darf nach außen dringen. Jetzt soll auch noch die Berichterstattung der Medien für weitere Entführungen im Irak verantwortlich sein. Weil sie angeblich Nachahmungstäter ermutigt. Als ob diese Ermutigung bräuchten. Das ist lächerlich. Selbstverständlich darf nicht jede Information jederzeit veröffentlicht werden. Redaktionen halten sich immer wieder an Nachrichtensperren: um Entführungsopfer nicht zu gefährden oder um Trittbrettfahrern keine Hinweise zu geben. Die operativen Bemühungen des Auswärtigen Amtes um die Freilassung von Geiseln eignen sich nicht für den offenen Markt. Aber es besteht ein Unterschied zwischen staatlichem Handeln in einer Notlage und der anschließenden Grundsatzdiskussion, ob dieses Handeln richtig gewesen ist.

Die Frage, ob Lösegeld gezahlt werden darf oder nicht, ist ein prinzipielles Problem, mit dem sich eine Gesellschaft auseinander setzen muss. Und in der Vergangenheit – etwa beim RAF-Terrorismus – auch auseinander gesetzt hat. Wer jedes heikle Problem mit dem Stempel „vertraulich“ versehen möchte, erweckt den Eindruck, dass es ihm vor allem darum geht, von möglicher Kritik unbehelligt zu bleiben. Es gibt Anlass, an die Spiegel-Affäre und Franz Josef Strauß zu erinnern: Schon damals war nicht jede unbequeme Veröffentlichung „ein Abgrund von Landesverrat“. BETTINA GAUS