IN DER SCHLANGE : Postbank, ade
Die Postbank hatte mir eine neue Magnetkarte für ein Konto geschickt, von dem ich ganz vergessen hatte, dass es überhaupt existierte, weil ich es doch vor einem Jahr leer geräumt hatte. Nun ging ich zur Post; um dieses Konto zu kündigen, einen Ökostromaccount zu eröffnen und einen Nachsendeantrag abzugeben. Mein Verhältnis zur Postbank ist gespalten. Wenn ich die Plakate sehe, auf denen sie für ihr „kostenloses“ Girokonto wirbt, bin ich empört, denn das „kostenlos“ gilt nur für Kunden, die mehr als 1.200 Euro im Monat verdienen. (Komisch, dass so was erlaubt ist.) Andererseits verleiht es dem Leben eine gewisse Stabilität, bei der Postbank zu bleiben, es ist nett, die immer gleichen Motz-Verkäufer vor der Post zu treffen und danach auf dem Friedhof an der Bergmannstraße spazieren zu gehen. Fast gefällt es mir, in langen Schlangen zu warten, mich mit netten Omas fachkompetent über die Kundenverachtung der Post zu unterhalten und die Wutausbrüche der anderen Kunden zu beobachten. Manche schreien, weil kein Geld gekommen ist, und man bewundert die Gelassenheit der Mitarbeiter, die nichts für die Unverschämtheiten ihres Unternehmens können.
Die letzten Male, als ich bei der Post war, hatte es immer zwei Schlangen à 14 Leute und zwei zuständige Bearbeiter gegeben. Diesmal hatte ich nicht lange warten müssen. Der Mann am Schalter war sympathisch und nahm sich Zeit für mich. Wir verbrachten eine heitere Viertelstunde miteinander. Ruhig erklärte er mir alles, trug Daten ein, und ich las noch mal gegen. Versehentlich hatte er 2010 ins Datumsfeld geschrieben. Das passiert mir bis jetzt auch noch dauernd. Meine Kundenzufriedenheit war jedenfalls groß. Als wir schon fast fertig waren, sagte er mir, dass ich die letzte fehlende Angabe nicht mehr am Schalter, sondern „dahinten“ eintragen solle. Als ich mich umdrehte, standen 15 Leute in der Schlange.
DETLEF KUHLBRODT