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I N T E R V I E W „An Verhandlungslösung interessiert“

■ Les Kettledas, East London, Regionalsekretär der Metallgewerkschaft NUMSA, zum Arbeitskampf bei Mercedes

taz: Was halten sie von der Entscheidung von Mercedes–Benz, alle Arbeiter zu entlassen? Kettledas: Das ist vollkommen ungerechtfertigt. Wir hatten Fortschritte in den Verhandlungen gemacht. Die Arbeitgeber haben mehrmals Angebote gemacht und dann wieder zurückgezogen und dadurch Hindernisse im Verhandlungsprozeß verursacht. Aber wir sind immer noch an einer Verhandlungslösung des Konfliktes interessiert. Hat Mercedes in den Verhandlungen je gesagt, daß die Forderung der Arbeiter nach einem Stundenlohn von fünf Rand finanziell nicht tragbar ist? Sie haben uns wiederholt gesagt, daß der „Eimer leer“ ist. Aber wir wissen nicht, was in dem Eimer drin ist. In Südafrika werden Informationen über die finanzielle Situation einer Firma absichtlich den Gewerkschaften verschwiegen. Ist diese Auseinandersetzung Teil der „Kampagne für einen ordentlichen Lohn“, die die Föderation COSATU in diesem Jahr veranstaltet? Ja. Diese Kampagne wird oft als etwa Böses dargestellt. Aber die Arbeiter sind bereit, weiter zu gehen als vorher in ihrer Unterstützung der Forderung nach einem ordentlichen Lohn. Wir brauchen eine ordentliche Lohngrundlage. Erst dann können Lohnerhöhungen wirklich real und wirkungsvoll sein. Im Vergleich mit der Inflation sind die Löhne der Arbeiter in den letzten Jahren sogar gesunken. Es war die Rede davon, daß Solidaritätsaktionen in anderen Automobilwerken geplant sind. Ja. Alle Betriebsräte in den verschiedenen Werken unterstützen die Forderungen der Mercedes–Arbeiter. Sie haben sich an ihre eigenen Arbeitgeber gerichtet, um sie dazu zu bringen, Druck auf Mercedes auszuüben. Aber die meisten Arbeitgeber sagen, daß sie sich in eine Angelegenheit von Mercedes nicht einmischen wollen. Aber am Wochenende werden sich die Betriebsräte der Autofabriken in der östlichen Kapprovinz wieder treffen. Da werden wir nochmal über Solidaritätsaktionen sprechen. Einzelne Gewerkschafter deuten an, daß der Lohnsatz von 4,04 Rand pro Stunde und die Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnverlust schon ein Sieg für die Arbeiter sind, daß der Streik also beendet werden sollte. Denn mit der Entlassung der Arbeiter verliert die Gewerkschaft eine große Anzahl Mitglieder. Das ist ein Sieg, und es geht bei der Kürzung von Arbeitszeit ohne Lohnverlust um ein wichtiges Prinzip. Einen ordentlichen Lohn kann man das Angebot allerdings noch nicht nennen. Im übrigen, die Gefahr, daß die Gewerkschaft durch Entlassungen geschwächt werden kann, gibt es immer. Wenn wir uns davon beeindrucken lassen würden, wären wir keine richtige Gewerkschaft. Es ist in letzter Zeit zu beobachten, daß die Militanz der Arbeiter an der Basis nicht immer den strategischen Überlegungen und Wünschen der Gewerkschaftsführung entspricht. Gibt es solche Differenzen hier? Wir als Funktionäre bekommen unseren Auftrag von den Arbeitern. Es kommt vor, daß die Führung den Arbeitern die Gefahr bestimmter Schritte deutlich macht. Aber die Arbeiter fassen dann einen Entschluß. Wir sind an diese Entscheidung gebunden. Letztendlich sind die Arbeiter die Gewerkschaft. Interview: Franz Krüger

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