Hoffen auf 35 Milliarden : Die Enttäuschung ist sicher
Der Senat spielt Poker, und es geht um gewaltige Summen. Vom Bundesverfassungsgericht erhofft sich Berlin Haushaltshilfen. 35 Milliarden Euro, wiederholt der Regierende Bürgermeister seit Monaten, könnten es werden. Der Finanzsenator schweigt lieber und nennt keine konkrete Summe. Dahinter steckt kein Konflikt zwischen Regierungschef und seinem wichtigsten Mann. Beide spielen die ihnen zugedachte Rolle im Milliarden-Poker. Doch das könnte sich bald rächen.
KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE
Auf den ersten Blick macht Wowereits Haltung Sinn: Der Regierende propagiert den Anspruch Berlins auf 35 Milliarden Euro. Das ist eine Maximalforderung, ähnlich wie in den jährlichen Tarifverhandlungen. Wie nahe Berlins Vertreter in Karlsruhe diesem Ziel kommen werden, weiß heute niemand, auch nicht Wowereit. Doch bei diesem Poker darf kein Beteiligter mit der Wimper zucken. Es geht um viel.
Finanzsenator Sarrazin hingegen hält sich mit Zahlen zurück. Er gibt den Realisten, der die Verfassungsrichter mit demonstrativer Haushaltsdisziplin gnädig stimmen will.
Doch setzt sich bei Beobachtern die Einschätzung durch: Berlin wird weniger Geld bekommen als Bremen und das Saarland seit Mitte der 90er-Jahre. Die 35 Milliarden Euro kämen nur zustande, wenn das Gericht für die Hauptstadt ähnlich generös entschiede. Doch heute sind Bund und Land weit ärmer.
Ob dieses Spiel die Verfassungsrichter beeindruckt, ist offen. Doch klar ist: Wer 35 Milliarden verspricht und „nur“ 10 oder 20 Milliarden bekommt, stößt viele BürgerInnen vor den Kopf. Der Senat muss sie darauf vorbereiten, soll die Enttäuschung nicht auf ihn zurückfallen. Den meisten WählerInnen ist es egal, ob auf dem Landeshaushalt 500 Millionen Euro Schuldzinsen weniger lasten oder 1,5 Milliarden. Für sie zählt die Enttäuschung.
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