Hapag-Lloyd-Verkauf : Mehr als Heimattümelei
Es hat geradezu etwas Rührendes, in Zeiten wie diesen auf die ach so ehrbare Tradition hanseatischer Kaufleute zu verweisen. Als ob die nicht durch koloniale Ausbeutung reich geworden wären, als ob die sich nicht um Rendite scherten, als ob die noch nie Arbeitsplätze abgebaut hätten. Dennoch ist diese Form der Heimattümelei nicht falsch.
KOMMENTAR VON SVEN-MICHAEL VEIT
Der Einsatz von Politik und Wirtschaft für Hapag-Lloyd fußt auf der Einsicht, dass ungehemmten Auswüchsen des globalisierten Kapitalismus die Stirn zu bieten sei. Und auf der Hoffnung, dies zu können. Zu groß ist die Gefahr, dass NOL als neuer Eigentümer die Strukturen der Reederei zu seinen Gunsten ändert.
Die Stärkung Singapurs ginge zu Lasten Hamburgs, Arbeitsplätze im gesamten Hafen und Steuereinnahmen stünden auf dem Spiel. Verständlich, dass Hamburg eigene Interessen – und die sind in diesem Fall nicht zuletzt auch norddeutsche – in den Vordergrund stellt. Denn das hanseatische Konsortium, das ist unzweifelhaft, will Hapag-Lloyd erhalten, nicht zerschlagen.
In drei Fällen der vergangenen zehn Jahre – Bavaria-Brauerei, Beiersdorf und zuletzt Norddeutsche Affinerie – hat Hamburgs Politik zusammen mit der Wirtschaft Ausverkäufe oder feindliche Übernahmen verhindern können. Das könnte bei Hapag-Lloyd erneut gelingen.
Den Versuch ist es wert.
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