HÜBSCH UND SINNLOS: DER NEUE STABILITÄTSPAKT VON BUND UND LÄNDERN : Grußadresse an Brüssel
Bundesfinanzminister Hans Eichel hat sich mit den Ländern auf einen neuen „nationalen Stabilitätspakt“ geeinigt – das macht misstrauisch. Sollte es dem SPD-Mann etwa gelungen sein, das Unionslager zu überzeugen? Nein, natürlich nicht. Es gibt noch eine weitere Variante im politischen Spiel: Man einigt sich, weil der Kontrakt sowieso folgenlos bleibt, aber alle gut aussehen lässt.
Auf dem Papier also hat man sich geeinigt, dass die Ausgaben von Bund und Ländern in den nächsten Jahren jeweils um 1 Prozent jährlich steigen dürfen – um so gemeinsam unter der Euro-Defizitgrenze von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu bleiben. Vor allem der Bund scheint dabei gewonnen zu haben, denn in den letzten beiden Jahren wurde von ihm noch verlangt, seine Ausgaben jährlich um 0,5 Prozent zu senken.
Nun hat Hans Eichel also offiziell genau jene Spielräume, die die Länder sowieso bereits hatten. Sie durften auch bisher schon ihre Ausgaben jährlich um bis zu 1 Prozent erhöhen. Diese eigentlich recht deutliche Grenze haben die Länder jedoch souverän ignoriert und großzügig Schulden angehäuft – genauso wie der Bund, der sich bisher ebenfalls außerstande sah, seine Ausgaben zu beschränken. Das dürfte in Zukunft nicht besser laufen. Der „nationale Stabilitätspakt“ ist letztlich nur eine gemeinsame Grußadresse an Brüssel: Seht her, wir bemühen uns redlich, unsere Schulden zu senken.
Dieses Zeichen des guten Willens kostet die Länder übrigens gar nichts, denn es gibt keinerlei Sanktionsmöglichkeiten, falls sie ihre Defizitgrenzen doch überschreiten. Dabei sind es auch die Ausgaben der Bundesländer, die Deutschland immer wieder zu einem der größten Schuldensünder in der Europäischen Union werden lassen. Aber den blauen Brief aus Brüssel, den darf der Bundesfinanzminister dann allein kassieren. Sollte Hans Eichel also jemals Sanktionsmöglichkeiten auch bei den Bundesländern durchsetzen – dann wäre dies eine echte Nachricht. Der neue „nationale Stabilitätspakt“ ist es jedenfalls nicht.ULRIKE HERRMANN