HEIDE OESTREICH ÜBER DEN QUOTENSTREIT IN DER UNION : Die Macht der Frauen
Es ist eine absurde Situation: Frauenministerin Schröder hat nicht nur Arbeitsministerin von der Leyen beim Thema Quote gegen sich, sondern sämtliche Unionsfrauen in Partei und Fraktion. Sie alle wollen eine feste Quote für Aufsichtsräte – nur Schröder nicht. Sie hat quasi als einzige Frau in der Union unterhalb der Kanzlerin die Seiten gewechselt.
Es kommt noch besser: Im Bundestag gäbe es – gemeinsam mit der Opposition – eine Mehrheit für die Quote, wenn die Unionsfrauen so abstimmen dürften, wie es ihrer Beschlusslage entspricht. Da liegt die Frage nahe, wieso bei diesem Thema nicht mal die Fraktionsdisziplin fallen sollte. Die Quote kann man nicht vergleichen mit den berühmten Gewissensfragen um Abtreibung und PID, bei denen der Fraktionszwang aufgehoben wurde? Nun, das Gewissen kann einen durchaus dazu drängen, eine eklatante Schieflage in der Gesellschaft ändern zu wollen. Schließlich ist ein Grundrecht betroffen. „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern“, steht im Grundgesetz.
Der Fraktionszwang wirkt normalerweise, indem man den AbweichlerInnen mit Isolation droht. Schwer vorstellbar, wie das bei sämtlichen Frauen einer Fraktion – in der Unionsfraktion sind 45 von 237 Abgeordneten weiblich – gehen sollte.
Das sind natürlich Gedanken, von deren Realisierung die Unionsfrauen weit entfernt sind. Aber mit ihnen könnten sie zumindest Druck auf die Frauenministerin ausüben, deren Gesetzentwurf ja noch nicht fertig ist. Kristina Schröder reagiert durchaus auf Druck, wie man soeben an dem Streichen des Rechtsanspruchs auf Familienpflegezeit sehen konnte – bisher allerdings immer auf Druck des männlichen Establishments. Jetzt müssten die Frauen fest dagegenhalten. Dabei kann das ein oder andere Gespräch mit der Opposition nichts schaden.
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