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HDZ: Tudjman baut Alleinherrschaft aus

■ Hardliner und Gemäßigte ausgespielt

Wien (taz) – Kroatiens Präsident Franjo Tudjman entledigte sich am Wochenende auf dem Kongreß seiner „Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft“ (HDZ) in Zagreb seiner wichtigsten innerparteilichen Rivalen. Zahlreiche Parteigrößen verloren ihren Sitz im Präsidium. Noch am Freitag waren Vladimir Šeks vom radikalen und Josip Manolić vom gemäßigten Parteiflügel als mögliche Vizepräsidenten gehandelt worden. Nun verloren sie sogar ihre bisherigen Parteiämter. Tudjman selbst wurde dagegen mit überwältigender Mehrheit als Vorsitzender seiner Regierungspartei bestätigt.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätten vor allem die großkroatischen „Falken“ an Einfluß verloren. Möglicherweise handelt es sich dabei jedoch nur um ein taktisches Manöver Tudjmans. Zum einen will der siebzigjährige Ex- General der Jugoslawischen Volksarmee seine exponierte Machtstellung in Staat und Partei mit niemandem teilen und umgibt sich deshalb lieber mit zweitrangigen Politikern als mit Profis. Zum anderen setzt Tudjman alles daran, seine autoritäre „Kroatische Demokratische Gemeinschaft“ in eine „Volkspartei christdemokratischer Prägung“ umzuwandeln, um in die internationale Christdemokratie aufgenommen zu werden.

Für den Präsidenten ist es eine erhebliche politische Schlappe, daß Kroatien die Aufnahme in den Europarat auch weiterhin verwehrt bleibt und sich auch die Annäherung an die Europäische Gemeinschaft nur schleppend vollzieht. Dies müsse sich ändern, erklärte der Staats- und Parteichef vor den rund 1.800 versammelten Parteifreunden, um zugleich aber auch hinzuzufügen, daß „die Reintegration der besetzten (serbischen) Gebiete“, ein „vorrangiges Ziel“ der HDZ-Politik bleiben müsse. Mit anderen Worten: Tudjman ist nach wie vor bereit, sich auf einen neuen Waffengang mit den kroatischen Serben und damit mit der Republik Serbien einzulassen.

Der UNO drohte der kroatische Präsident erneut, er werde das Mandat der Blauhelm-Verbände Ende November aufkündigen, sollten die Vereinten Nationen in den Serbengebieten die staatliche Souveränität der Republik Kroatien nicht schleunigst wieder herstellen.

Im Klartext heißt das, daß der Alleinherrscher weiterhin den politischen Kurs vorgibt. Seine Partei ist dabei nur die pseudodemokratische Kulisse. Karl Gersuny

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