: Gute und Böse -betr.: "Freiheit für Peter-Jürgen Boock", taz vom 9.6.88
Gute und Böse
betr.: „Freiheit für Peter-Jürgen Boock“, taz vom 9.6.88
Nicht nur, daß Ralph Giordano die BRD-Justizpolitik und die BRD-Gesellschaft in einem Einzelfall zu aktivieren sucht, nein, damit teilt auch er in Gute und Böse. Diejenigen, die sich distanzieren, und diejenigen, die es nicht tun, und somit unausgesprochen zu Recht in Hochsicherheitsbereichen sitzen.
Außerdem wendet er sich an eine Justiz und Gesellschaft, die er selbst vorher treffend beschrieben hat, nämlich auf dem rechten Auge blind. Beide Instanzen zusammengefaßt als Staat definiert gilt auch noch heute, was schon immer galt: Mord ist dann akzeptabel, sobald er legalisiert, sprich gesetzlich ist. Hauptsache es ist gesetzlich abgesichert, dann kann auch noch eine politische Untat rechtens sein.
Er fordert Freiheit von Politikern, die, wie Innenminister Zimmermann anläßlich der Schüsse in Frankfurt uns wissen ließ, daß es keinen schlimmeren Toten gibt, als einen Staatsbeamten. Er fordert Freiheit von einer Gesellschaft, die in ihrer Mehrheit hinter der Vernichtungspolitik der BRD steht. Seien es die Haftbedingungen für linke politische Gefangene, deren Prozeßführungen, die Atomkraftwerke, die Vergiftung der Meere, die Vergiftung der Luft, oder die Rüstungspolitik. Es ist eine Minderheit in diesem Staat, die gegen die auf Massenvernichtung angelegte Politik weltweit protestiert, und wenn es nicht reicht, militant vorgeht. Die Mehrheit dieser Gesellschaft steht hinter der Gesetzgebung eines Staates, der sich demokratisch nennt, vom Wesen her aber genau ein solcher Unrechtsstaat ist, wie der der Nationalsozialisten. Demokratie ist und war schon immer, was die Mehrheit befürwortet. Dana Kirke, Berlin
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