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Archiv-Artikel

■ „Gemeines Feindbild“ der Ökos: die Dose Arme Discounter

betr.: „Wurfgeschosse gegen Trittin“, taz vom 5. 6. 03, „Handel redet nur noch Blech“, „Chronik einer Niederlage“ (Dosenpfand), taz vom 11. 6. 03, „Dreiste Tricks der Dosenlobby, taz vom 12. 6. 03

Jedem Einzelhandelskonzern musste seit Töpfers Verpackungsverordnung klar sein, dass es ein Zwangspfand auf Einweggetränkeverpackungen geben wird, wenn eine festgelegte Mehrwegquote nicht erfüllt wird. Dieser Zeitpunkt ist jetzt, und der Handel, aber auch die Getränkeindustrie, sehen sich zu einer vernünftigen Lösung außer Stande.

Die Lösung wäre doch denkbar einfach: es gibt ein bestehendes Pfandsystem für Mehrwegverpackungen. Warum macht man nicht statt 0,33 Liter Coladosen einfach 0,33 Liter Cola-Mehrweg-PET-Flaschen? Warum nicht aus 1,5 Liter PET-Einweg-Flaschen 1,5 Liter-PET-Mehrwegflaschen? Weil es zu einfach wäre vielleicht? Diese Flaschen hätten alle Vorteile einer Dose und einer Mehrwegverpackung kombiniert: leicht, praktisch für die Reise, unkaputtbar und Rückgabemöglichkeit in jedem Laden, jedem Kiosk, an jeder Tankstelle. Und wer jetzt wieder sein Bier aus der Mehrwegflasche trinken muss, wird feststellen, dass es ihm aus der Dose nicht wirklich geschmeckt hat.

Die Marktkauf-SB-Warenhäuser sind mit gutem Beispiel vorangegangen und haben alle Einweggetränkeverpackungen außer nicht pfandpflichtigen Tetra Paks aus dem Sortiment genommen und durch Mehrwegverpackungen ersetzt. Wo läge also das Hauptproblem? Bei Discountern wie Aldi! Doch wirklich, den Discounter, der mit zu den reichsten Leuten Deutschlands gehört, den muss man wirklich vor den Kosten, die ein Mehrwegsystem verursacht, schützen, oder? Eine nicht von Lobbyinteressen geleitete Politik würde Aldi schlicht vor die Wahl stellen, seine Getränke in Tetra Paks oder Mehrwegverpackungen anzubieten oder eben gar nicht. Viele familiengeführte Verbrauchermärkte können sich Mehrweg-Rücknahme-Automaten leisten. Dass ausgerechnet namhaften deutschen Discountern dies nicht möglich sein soll, glaubt hoffentlich niemand. INGO KINDGEN, Bergheim

Die Verfechter „mobiler Einwegverpackungen“ hätten ihren Widerstand aus unternehmerischer Sicht intelligenterweise frühzeitig beenden sollen.

Das Einwegpfand wurde schließlich nicht aus ökologisch überzeugenden Gesichtspunkten eingeführt – in Dänemark gibt es eine staatliche Studie, die der deutschen Pfandvariante jeglichen umweltpolitischen Nutzen abspricht. Das Pfand basiert vielmehr auf einer fest ideologisierten Prinzipienentscheidung. Ähnlich wie das Auto, gilt die Getränkedose als „gemeines Feindbild“ der Ökologiebewegung. Da die Deutschen bekanntermaßen alles immer etwas gründlicher machen als ihre Nachbarn, wurden leichte PET-Flaschen bis auf wenige Ausnahmen gleich mitbepfandet. Ob mit derartig unpopulären Maßnahmen dem 80er-Jahre-Thema Umweltschutz zu neuer Sympathie verholfen wird, darf bezweifelt werden. RASMUS PH. HELT, Hamburg

Die Kritiker des Dosenpfands haben noch nicht begriffen, mit welcher Landschaftszerstörung sowie Verbrauch von Rohstoffen und Umwelt die Herstellung der Dosen verbunden ist. Für die Gewinnung von einer Tonne Weißblech gleich 50.000 Dosen braucht man 1.170 Kilogramm Eisenerz, was mit zirka 3,5 Tonnen Erd- und Steinabfall und 14.000 Litern verschmutztem Wasser verbunden ist. Um eine Tonne des gleichfalls benötigten Zinns zu gewinnen, werden 28.000 Tonnen Abfall produziert und 100.000 Kubikmeter Wasser verunreinigt. Eine Tonne Zinn reicht für etwa 250.000 Dosen.

All dies ist nur möglich, weil die Rohstoffe abbauenden und verarbeitenden Konzerne sich in den Ländern der Dritten Welt wie die früheren Kolonialherren aufführen können und dort allenfalls noch die Eliten an der Ausbeutung des Landes beteiligt werden. HORST GRZYWACZEWSKI, Iserlohn