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Gegen die auf einem Auge erblindeten Moralapostel

■ betr.: „Kriegsterror gegen Terror krieg“, taz vom 22.8.1998

[...] Fragen drängen sich auf: Wenn ein großes Land sich terroristisch gegenüber einem kleinen Land verhielte und das kleine Land gegen die zentralen Knotenpunkte des Terrors Marschflugkörper abschösse, wie würde dann das internationale Echo sein? Kehrt die Weltgesellschaft von Rechtsstaatlichkeit und internationalem Recht wieder zum Faustrecht zurück, nachdem man Gleiches mit Gleichem vergilt? Muß das Prinzip, Terror mit Terror zu vergelten, nicht zu einer ständigen Ausweitung des Terrors führen – haben wir aus dem terroristischen Unfrieden in Nahost und andernorts gar nichts gelernt? Was bedeutet die Tatsache, daß die USA als Weltmacht Nummer 1 nach eigenem Gutdünken zuschlagen, statt die Terroraktionen gegen die US- Botschaften vor die Vereinten Nationen zu bringen? Fühlen sie sich so stark, daß sie glauben, die UN ignorieren zu können? Heißt das nicht, internationales Recht durch weltweit wirksame militärische Stärke zu verdrängen? Fragen grundsätzlicher Art, denn hier handelt es sich nicht um irgendeine Episode, sondern um den Führungs- und Verhaltensstil der Großen und Reichen gegenüber denjenigen, die, in welcher religiös verkleideten und dogmatisch deformierten Weise auch immer, gegen die Ungerechtigkeiten im Weltmaßstab gewaltsam aufbegehren.

Im Zeitalter der Globalisierung werden vorhersehbar noch größere Teile der Weltgesellschaft in Elend und Hoffnungslosigkeit geraten. Ohne eine Alternative werden sie sich gewaltsam wehren, um sich schießen und Autobomben zünden. „Kriegsterror gegen Terrorkrieg“ kann die den Konflikten zugrundeliegenden Probleme jedoch nicht lösen, sondern führt nur zu weiterer Militarisierung der Außenpolitik und beide Seiten immer tiefer in die perspektivlosen Sümpfe des Terrorismus. Andreas Buro, Friedenspol.

Sprecher des Komitees für

Grundrechte und Demokratie

[...] Die US-Regierung handelte nicht nur nach den alttestamentarischen Worten „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, sondern verletzte elementare Grundsätze des Völkerrechts. Die USA wurden damit selbst zu (Staats-)Terroristen, die weder mit UNO noch Bündnispartnern ihr Vorhaben abstimmten. Was uns von der DFG-VK besonders empört, ist, daß die deutschen Politiker Kohl und Rühe die Handlungen der US-Regierung unterstützen, ein weiterer Grund, ihrer Partei bei der Wahl die Rote Karte zu zeigen. Ernst Busche, Bremen

[...] Ist dieser Raketenschlag etwa gerechtfertigt? [...] Es ist ein Terroranschlag, der sich ebenso gegen Unschuldige richtet wie die Bomben gegen die US-Botschaften. Warum aber zollen Politiker quer durch alle Parteien hier kritiklos Beifall? Warum befürworten sie dieses Revanchefoul? Warum sind sie plötzlich auf einem Auge moralisch erblindet? Warum sehen sie nur noch den Splitter im Auge des vermeintlichen Gegners und nicht den Balken im Auge des „großen Bruders“? [...] Paul Windlicht, BRD

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