: Gefahr einer großen Ölpest im Wattenmeer ist erheblich gestiegen
■ Lotsenverband registrierte mehrere „Beinahe-Katastrophen“ Wattenmeer
Die Gefahr einer Ölpest im Wattenmeer an der deutschen Nordseeküste ist nach Einschätzung von Schiffahrtsexperten erheblich gestiegen. Ursache sei eine Neuregelung der bislang geltenden Lotsenverordnung. Danach dürfen seit Sommer dieses Jahres größere Tanker das dichtbefahrene Seegebiet der Deutschen Bucht in Richtung Wilhelmshaven ohne Lotsen passieren.
Ein Sprecher der zuständigen Lotsenbrüderschaft Weser II/Jade sagte gestern, die Regelung sei „trotz größter Bedenken von Lotsen“ durch die Bundesregierung in Kraft gesetzt worden.
Der Bundesverband der See- und Hafenlotsen (BSHL) hatte im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ davor gewarnt, daß nach den Erfahrungen der vergangenen Monate mit mehreren Beinahe-Katastophen Kollisionen mit voll beladenen Öltankern „nahezu programmiert“ seien.
Aufgrund des dichten Verkehrs in der Deutschen Bucht mit rund 250 Schiffen pro Tag und des nahe gelegenen Wattenmeers hält es der BSHL-Vorsitzende Heiko Rose für riskant, „in einem der sensibelsten Seegebiete der Welt“ die Sicherheitsvorschriften zu lockern. Vor allem ausländische Schiffe, deren Besatzungen aufgrund geringer Sprachkenntnisse oft auch per Seefunk kaum geleitet werden könnten, gerieten immer wieder in gefährliche Situationen.
Nach der neuen Verordnung müssen leere Tankschiffe mit einer Länge bis zu 250 Metern nicht mehr bei Helgoland einen Lotsen an Bord nehmen. Statt dessen dürfen sie ohne Begleitung von Fachleuten 16 Seemeilen weiter bis zur Weser- und Jademündung fahren, um vom dort postierten Stationsschiff einen Lotsen zu übernehmen. Anschließend müssen sie in der engen Fahrrinne wenden, um nach Wilhelmshaven weiterfahren zu können.
Die Lotsen an Weser und Jade wiesen darauf hin, daß die veränderte Übernahmeposition und die damit verbundenen Manöver erhebliche Risiken verursachten. Außerdem gingen selbst von einem leeren Tanker große Gefahren aus. Bei einer Kollision und einer Beschädigung könne Sauerstoff in die Tankhülle eindringen und zu einem Brand führen. dpa
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