GELSENKIRCHEN – AUF DER A 2 INS LAND DES WELTMEISTERS : Wo der Adler steigt
Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt, singen die Solartechniker und Netzwerkadministratoren in Gelsenkirchen zu Opas Geburtstag. Nur Journalisten mag man nicht mehr in Gelsenkirchen. Einmal zu viel haben überregionale Medien die stolze „Stadt der tausend Feuer“ zur „Stadt der tausend Gefeuerten“ verballhornt. Als letzten Versuch im Guten lud Gelsenkirchen im Sommer ausgesuchte Journalisten zur Bustour an die vielen lokalen Highlights. Zehn Schreiber waren geladen, vier kamen. Seitdem hat man in Gelsenkirchen abgeschlossen mit der schreibenden Zunft und dem schnatternden Gewerbe.
Das ist schade, denn zur WM hat man hier wirklich etwas vorzuweisen. Viele Städte haben moderne Stadien, Gelsenkirchen hat sogar eines mit drei Namen. Die gerade erst in „Veltins-Arena“ umgetaufte „Arena auf Schalke“ firmiert zur WM unter der Bezeichnung „Gelsenkirchen-Arena“. Am schönsten: Die LTU-Arena im Schnöselghetto Düsseldorf hat es nicht zu WM-Weihen gebracht. Meisterschaften verliert man in Gelsenkirchen manchmal sogar vier Minuten nach dem Abpfiff. Aber diesmal zog die Malochermetropole ausnahmsweise niemand über den Tisch: 55 Millionen Euro wanderten vor der WM in die Infrastruktur. Der hässliche Bahnhof hat ein hübsches Antlitz bekommen. Es gibt neue Straßenbahnen und neue Straßen, sogar eine neue Autobahnausfahrt: In „Schalke-Nord“ kommt man auf die A 42. Von dort ist es nur ein Katzensprung auf die A 2.
Die führt bekanntlich über Dortmund und Berlin direkt nach Polen. Und das wird die Straße des triumphal heimkehrenden Weltmeisters: Polen. Unsere Lieblingsnachbarn werden ihr erstes Match in Gelsenkirchen gewinnen – am 9. Juni gegen Ecuador. Nach einem hart erkämpften Vorrundensieg gegen Deutschland in Dortmund (14. Juni) geht es dann in die K.o.-Runde, die mit einem spektakulären Sieg gegen Brasilien in Berlin (9. Juli) endet. Von dort sind Heimat und Siegesparty nicht mehr weit (10. Juli bis 31. Dezember).
Die den Adler tragen, werden siegen. Aber der Adler trägt diesmal eine Krone, wie im polnischen Nationalwappen. Er wird fliegen, und wo könnte er sich besser erheben als in der Stadt Szepans, Kuzzorras, Tibulski, Burdenskis und Kalwitzkis und Abramcziks? Und wer darüber nur ein schlechtes Wort schreibt, der macht künftig besser einen weiten Bogen um Gelsenkirchen. ROBIN ALEXANDER