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Archiv-Artikel

GELD IST DA, DOCH DER WILLE FEHLT, SCHULEN STATT PANZER ZU FINANZIERE N Arabische Bildungskatastrophe

Warum gehen so viele Araber heiligen Kriegern wie Bin Laden auf den Leim? Eine Antwort lautet: Weil es so wenig Möglichkeiten gibt, friedlich und effektiv auf die Ungerechtigkeiten zu reagieren, denen sich die arabische Welt zu Hause, regional und global ausgesetzt sieht. Aber warum läuft so mancher zwischen Rabat und Bagdad jenen ganz schlichten Programmen hinterher, die in ihrer engstirnigen Islaminterpretation die Welt in ein simples „haram“ – „verboten“ – oder „halal“ – „geboten“ – unterteilen?

Zumindest einen Teil der Frage beantwortet der „Arabische Bericht über die menschliche Entwicklung“. Das Ergebnis: Die arabische Welt erlebt nicht eine Bildungsmisere, sondern einen Bildungs-GAU. Viele Kinder haben keinen Zugang zur Grundschulausbildung, die Qualität der höheren Bildung hat sich verschlechtert, die arabischen Budgets für Bildung sinken. Das Ergebnis sind Millionen schlecht ausgebildeter Kinder und Jugendlicher, die in vielen ihrer Gesellschaften die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Sie werden weder in ihren Ländern Innovatives leisten noch am globalen Markt konkurrenzfähig teilnehmen. Gerade bei den schlecht ausgebildeten arbeitlosen Akademikern finden militante Islamisten ihren wichtigsten Rekrutierungsboden. Zugleich haben despotische Regime, ohnehin schlechte Krisenverwalter, wenig Interesse an gebildeten – oder gar Demokratie fordernden – Untertanen, die das System in Frage stellen.

Dabei gibt es eine Möglichkeit, das Steuer herumzureißen. Die arabischen Staaten geben im Schnitt 6 Prozent ihrer Haushalte für Militär und Verteidigung aus, zur Freude meist westlicher Rüstungskonzerne. Das ist Weltspitze. Zugleich stecken die Regierungen in der Klemme, denn auch die schlechte wirtschaftliche Lage diskreditiert sie. Aus strategischen Gründen müssten sie sich für Bildungsreformen entscheiden und einen großen Teil des Geldes darauf verwenden. Doch bedauerlicherweise bieten die regionalen Krisen immer wieder Anlass und Vorwand, so weiterzumachen wie bisher. KARIM EL-GAWHARY