: Führt das Tragen von Anzügen zur Männlichkeit?
■ betr.: "Führt ein Genknacks zur Drogensucht?", taz vom 19.4.90
betr.: „Führt ein Genknacks zur Drogensucht?“, taz vom 19.4.90
Ich habe gedacht, ich spinne, als ich auf der Titelseite am Donnerstag die wahrlich klug gestellte Frage lesen durfte (...) und dann unkommentiert die „wissenschaftlichen Ergebnisse“, die darauf hindeuten sollen.
Selbst wenn es irgendwelche sehr dürftigen Korrelationen zwischen genetischen Auffälligkeiten und Sucht geben sollte, „führt“ diese Erscheinung noch lange nicht zur Drogensucht. Die Tatsache, daß die meisten Männer Anzüge tragen, läßt ja auch nicht den Schluß zu, daß das Tragen von Anzügen zu Männlichkeit „führt“.
Die hier herbeigeredete Kausalität ist Ausdruck einer Medizin, die hauptsächlich beweisen will, daß wir „selber schuld“ sind, wenn wir krank werden, um die als „Kostendämpfung“ umschriebene Entsolidarisierung zu begründen und die arbeits- und sozialpolitischen Versäumnisse zu verleugnen. Genau darum geht es bei sehr vielen gentechnischen Untersuchungen am Menschen! (...)
Michael, Hamburg
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