: Faschismus nicht plötzlich vom Himmel gefallen
■ betr.: "Das Stückchen Scham ist bald vorbei", taz vom 2.10.91
betr.: „Das Stückchen Scham ist bald vorbei“ von Bernd Siegler, taz vom 2.10.91
In erster Linie sind es natürlich die Rechten selber, die seit Bestehen der BRD und darüber hinaus permanent behaupten, es gäbe keine ernstzunehmende Gefahr von Rechtsaußen mehr und werde sie nie wieder geben.
Wie verlogen derartige Sprüche sind, zeigt die Tatsache, daß diejenigen, die diese Gefahr jahrelang heruntergespielt haben, jetzt plötzlich „wirksame Maßnahmen“ fordern. Interessant ist dazu die Erklärung von Weizsäckers im Juli 1987: „(...) in der Bundesrepublik kann von neofaschistischen Tendenzen in irgendeinem nennenswerten Umfang überhaupt keine Rede sein.“
Dagegen gibt es höchstens einige Dutzend Stellungnahmen von fortschrittlichen Menschen zu zitieren, aus denen in den vergangenen Jahren klar hervorgeht, daß es sehr wohl eine ernstzunehmende Gefahr von Rechtsaußen gibt!
Bernd Siegler hat nun — neben allem Tinnef, der vor und nach Hoyerswerda über die „Ursachen von Neofaschismus“ geschrieben worden ist —, darauf hingewiesen, daß der Faschismus nicht plötzlich wieder vom Himmel gefallen ist, sondern allein in den letzten drei Jahren auf dem Gebiet der alten BRD „(...) elf Menschen rassistischen Überfällen zum Opfer gefallen sind“! Ich darf hinzufügen: Es gab in der alten BRD Morde am hellichten Tag auf der Straße und es gab die alltäglichen, heimtückischen Überfälle von Neofaschisten auf Linke und Ausländer in der Nacht. Aber — das muß gerechtigkeitshalber einmal gesagt werden, weil es von den meisten Autoren übersehen oder absichtlich übergangen wird: Es gab nicht nur den „häßlichen Deutschen“, sondern auch den mutigen „Widerstand der Jugend...“
Ich meine, beides gehört zur Beschreibung der furchtbaren Wirklichkeit in der wir leben. Wolfgang Schröder, Rastede
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