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Archiv-Artikel

FÜR RUDI VÖLLER IST MAXIMAL DAS FINALE DRIN, ABER NUR WENN PARALLEL KEIN „TATORT“ LÄUFT Pfeif doch Frauenfußball

wägt ab, ob Tante Käthe amnestiert werden kann

JOHANNES KOPP

Ach herjeh! Wie ungeschickt! Das dachte man vor wenigen Wochen, als der erboste Rudi Völler bei einem Bundesligaspiel seiner Verachtung für Schiedsrichter Deniz Aytekin freien Lauf ließ und ihm zurief: „Pfeif doch Frauenfußball!“ Ausgerechnet dieser Satz, so kurz vor der Frauen-WM im eigenen Lande.

Schwamm drüber! Reuige Sünder können während dieses weltoffenen Turniers amnestiert werden. Und Rudi, der seiner graumelierten Lockenwickelfrisur wegen zudem noch den Spitznamen „Tante Käthe“ erhielt, sowieso! Flugs ist eine Anfrage für den Sportdirektor von Bayer Leverkusen formuliert, ob er denn nicht etwas zu den bisherigen Leistungen der Schiedsrichterinnen bei der WM sagen möchte.

Aber der ansonsten sehr verbindliche Manager Michael Reschke blockt ab: „Rudi Völler hat sowieso bislang nichts von der Frauen-WM gesehen. Das interessiert uns nicht. Der wird maximal das Endspiel schauen, wenn die Deutschen dabei sind. Aber nur, wenn parallel kein ‚Tatort‘ läuft.“

Potzblitz! Die haben echt Rückgrat bei Bayer. Aber klar, wenn auch irgendwie alle, die mit Fußball zu tun haben, Rudi Völler schätzen, muss das umgekehrt aber noch lange nicht bedeuten, dass Rudi Völler ebenfalls alle schätzt, die mit Fußball zu tun haben – Frauen-Weltmeisterschaft hin oder her.

Beim Bayer-Werksklub setzt man also klare Prioritäten: die Pille ist in diesem Fall für den Mann gedacht. Gewiss: Der Verein hat auch ein Frauen-Team, das seit einem Jahr sogar in der ersten Bundesliga mitmischt. Aber bei der Konkurrenz schüttelt man nur den Kopf darüber, wie stiefväterlich der Klub seine Frauen behandelt. In einem Leichtathletikrund ganz ohne Tribünen müssen sie spielen.

Man muss Frauenfußball überhaupt nicht mögen. Nirgendwo steht das gesetzlich festgeschrieben. Manche sind eben lediglich bereit, Frauenfußball im Rahmen eines Fernsehkrimis zu ertragen. Aber warum sollte Frauenfußball denn einen „Tatort“ ersetzen? Wenn es nach Tante Käthe ginge, könnte man bei Bayer Leverkusen vermutlich einfach auf das Frauen-Bundesligateam pfeifen.