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Archiv-Artikel

FISCHER REIST IN DIE USA – UND KOMMT MIT LEEREN HÄNDEN ZURÜCK Dead man walking

Die USA wissen zwar noch nicht, ob sie wirklich dagegen sind, aber es ist jedenfalls noch nicht das, wofür sie sich einsetzen. Das ist, in Kurzfassung, die Erklärung, die sich Bundesaußenminister Joschka Fischer in Washington zur deutschen Bewerbung um einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat hat abholen müssen. Sie bedeutet ein klares Nein aus den USA – allerdings mit der angekündigten Option, für dieses Nein gegebenenfalls nicht allzu aktiv zu werben.

Alles im Rahmen eines netten, freundlichen Besuches, nach dem US-Außenministerin Condoleezza Rice und Fischer mehr Gemeinsamkeiten feststellen konnten als zu anderen deutschen Vorwahlzeiten. Dabei sind, gerade was die Reform der UN und des Sicherheitsrats angeht, beide Regierungen in einer schwierigen Position. Deutschland will noch im Juni im Rahmen der G-4-Gruppe die so genannte Rahmenresolution zur Erweiterung des Sicherheitsrats abstimmen lassen. Doch die notwendigen mindestens 128 von 191 Stimmen sind noch nicht beisammen – und was kann eine scheidende Bundesregierung noch glaubwürdig versprechen, um für weitere Unterstützung zu werben?

Die USA ihrerseits haben sich offensichtlich noch immer nicht entschieden, ob sie die UNO stärken oder schwächen wollen. Daher die inkonsistenten Positionen: Sie werben seit Jahren vehement für Reformen – die sie dann schon im Ansatz blockieren, um ihren eigenen Einfluss nicht schmälern zu lassen. Sie unterstützen einen japanischen Sitz im Sicherheitsrat – und müssten doch wissen, dass der, wenn gegen Chinas Widerstand überhaupt, nur im Paket mit anderen zu haben ist. Sie werben offiziell für die europäische Einigung – und freuen sich insgeheim diebisch über jeden innereuropäischen Krach. Aktive, strategisch ausgerichtete Politik sähe anders aus.

Fischers Reise nach Washington hat daran nichts verändern können. Fischer ist, ungeachtet aller dargebotenen Haltung, als Außenminister ein dead man walking. Dem muss man nicht mehr besonders wehtun – aber versprechen muss man ihm eben auch nichts mehr. BERND PICKERT