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Archiv-Artikel

FELIX ZIMMERMANN ÜBER DEN ABGANG VON CHARLOTTE ROCHE Wieder im Tiefschlaf

3nach9, so verbreitet es Radio Bremen gerne, wenn von der hauseigenen Plauderstunde am späten Freitag abend die Rede ist, sei die „dienstälteste Talkshow im deutschen Fernsehen“. Das ist als Qualitätssiegel gemeint, aber eigentlich heißt das nur: 3nach9 ist genau so in die Jahre gekommen, wie andere Talkshows. Den Verfall des Genres kann und konnte die Sendung nicht aufhalten, in den der Live-Sendung hinter her geschobenen 3nach9 classics kann man es erleben. Aber vielleicht ist es auch der Zusammenschnitt, der die Sendungen von damals beinahe aufregend macht.

Heute jedenfalls sitzt dort nur noch, wer etwas vorzustellen hat: ein neues Buch, die neue Show, die neue CD. Griffige Dialoge, die gepflegte Unterhaltung, ein kontroverser Streit gar – lange nicht gesehen. Geht auch nicht, denn die Sendezeit geht drauf für die harmlosen Abfragereien. Die, die neben dem in seiner bürgerlichen Distinguiertheit längst erstarrten Giovanni di Lorenzo wenigstens wieder etwas Witz in die Sendung brachte, geht nun: Charlotte Roche – erst seit September an der Seite di Lorenzos – verlässt 3nach9, im gegenseitigen Einvernehmen und wegen Vorstellungen von der Sendung, die sich zu sehr von denen der Redaktion unterschieden – was immer das heißen mag.

Eines Tages wird in den 3nach9 classics manch einer der spontanen Einfälle Roches zu sehen sein, dann wird man denken, dass die Sendung zwischendurch kurz mal wieder lebte, bevor sie erneut in einen tiefen Schlaf verfiel.

siehe Bericht Seite 22